Review Rock

Op-Art

The Final Act

Cititrax • 2024

Die große Illusion der Lockdown-Zeit war vielleicht, dass die Covid-19-Pandemie einen Bruch mit dem Bestehenden sei. Politisch war, unabhängig von Lagern, das Gefühl verbreitet, die Maßnahmen läuten irgendetwas fundamental Neues ein. Künstlerisch rückte eine »andere« Zeitlichkeit in den Vordergrund. Langsamkeit, leere Zeit und der Verdacht, irgendetwas ginge zu Ende sind Lieblingsmotive von Pandemie-Musik. Auch das Duo Op-Art (kurz für: Oblique Pleasures Amidst Rough Times) ist den Lockdowns entsprungen. Ihr Debüt mit dem sprechenden Titel »The Final Act« bietet apokalyptischen Dark Wave auf dem Opferaltar der Zivilisation dar. Priester des Endzeitrituals ist Andrew Clinco, bekannt als verführerischer Sänger von Drab Majesty.

Der Unterschied zwischen beiden Projekten ist vor allem konzeptionell. Beide bewegen sich zwischen Dark und New Wave, getauft im Sound der 80er. Doch wo Drab Majesty romantisch ist, orientiert sich Op-Art an modernistischen Vorbildern. Eine »klangliche Analogie zur Bewegung der bildenden Kunst der 1960er«, behauptet Clinco. In der Praxis heißt das: komplexere Rhythmen, psychedelische Phrasen, repetitive Songstrukturen. Politisch wurde der Mythos vom »Novum« der Pandemie durch den immensen Aufwand entzaubert, so weiterzumachen wie zuvor. Das künstlerische Äquivalent ist ein Album, das in den 2020ern die futuristische Musik der 1980er wiederauferstehen lässt, um die 1960er zu feiern. »The Final Act« ist ein Paradebeispiel artistischer Retrograde.