Review

Oddisee

People Hear What They See

Mello Music Grouo • 2012

Es gibt eigentlich keinen Grund, dem neusten Streich von Oddisee kritisch gegenüberzustehen. Alle letzten Releases, sei es der Jahreszeiten-Sammelband »Odd Seasons« oder die Grünflächen-Hommage »Rock Creek Park«, waren einwandfreies A-Liga-Material und dank des Remixes zu »Ain’t That Peculiar« weiß man auch brandaktuell, was der Typ aus dem Diamond District so an Kleinkunst unter die Drumloops triggert. Während uns Amir Khalifa seit Jahren mit monatlichen Free Downloads versorgt, ist es kaum zu glauben, dass »People Hear What They See« tatsächlich als Debüt angekündigt wird. Eine ernste Sache, wie man dem Opener »Ready To Rock« entnehmen kann, als Oddisee seine Stimme ehrfürchtig hebt und sich mit der Zeile »They say you got your whole life to make your first album« dem Schicksal entschlossen stellt. Das erste »richtige« Album als eine musikalische Jetzt-Oder-Nie-Frage. Oddisee ist sich des Gewichts dieses Moments bewusst, so gesund-realistisch wie er sich auf den zwölf Tracks präsentiert. Wie könnte er auch anders? Zu oft hat er mit seiner künstlerischen Integrität hadern (»That Real«), Freunde verlieren (»You Know Who You Are«) oder die Doppelmoral der westlichen Gesellschaft beobachten müssen (»American Greed«). Oberflächlich betrachtet wirkt die stringente Aufmachung der LP etwas spießig, wenn zum Beispiel das totgenudelete »Theme From Shaft« zitiert wird oder man sich bei »Maybes« gefährlich nahe am Latte-Macchiato-Jazz bewegt. »Erwachsen« könnte man jetzt schimpfen. Doch biedert sich »People Hear What They See« nicht einer affektierten Grown-Up-Ideologie an. Vielmehr fokussiert es musikalische und inhaltliche Ansprüche, die Zeitlosigkeit klar vor Zeitgeist stellen.