Die Zukunft gestalten – das scheint dieser Tage zu fehlen, wenn es um politische Visionen geht. Zugleich gestalten wir unablässig die kommende Zeit, leider vorwiegend mit zerstörerischen Folgen. Auf dem achten Nightmares On Wax-Album »Shape the Future« will George Evelyn jetzt tatsächlich das ganz große Fass anzapfen: Gleich zu Beginn lässt er in »Back To Nature« den Schamanen Kuauhtli Vasquez die Verbindung von Mensch und Mutter Erde beschwören. Sofern der Albumtitel auch eine musikalische Selbstreflexion sein soll, muss man allerdings sagen, dass Evelyn sich strenggenommen mehr auf die eigene Vergangenheit beziehen dürfte, in der seine Produktionen entscheidende Anstöße für die weiter Entwicklung von House und Hip-Hop lieferten. Heute können seine zurückgelehnten, Dub-inspirierten Grooves immer noch nobelpreiswürdig sein, wenn er sich voll und ganz auf sie verlässt. Etwa in seiner vorbildlich lockeren Soul-Nummer »Typical« mit dem jungen neuseeländischen Sänger Jordan Rakei die einen durchaus mit der Gegenwart versöhnt. Manchmal will er jedoch irgendwie mehr, wie im Titeltrack, dessen Synthieflächen und perlende Klaviertöne ein wenig zu sehr Kurs auf Breitwand-Kitsch nehmen. Zwischen diesen Polen mäandriert dieser Welt-Entwurf dann vor sich hin, findet immer wieder seine entspannten Momente, ohne aber dauerhaft an den eigenen Körper anzudocken. Was ein bisschen wehmütig stimmt, da Evelyn definitiv anders kann. So bleibt – auch wenn derzeit nur wenig darauf hindeutet – der hartnäckige Wunsch, dass Nightmares On Wax noch einmal an die Größe von »Smoker’s Delight« oder »A Word Of Science« anknüpft. Das muss dann wirklich die Zukunft zeigen.
Shape The Future