Wie lässt sich dieses Album nur ertragen? Die Trauer prägt »Ghosteen«, das mittlerweile 17. Studioalbum von Nick Cave & The Bad Seeds. Sein Sohn kam schließlich erst vor vier Jahren bei einem Unfall ums Leben. Die Verarbeitung dauert an. Der Schmerz bleibt. Der 62-Jährige bringt seine Verzweiflung nun auf diesem Doppelalbum unter. »Waiting for you to return«, heißt es da etwa und diese fünf Worte in all ihrer Traurigkeit lassen keinen Zweifel, an wen Cave diese Zeile schickt. Musikalisch bewegen sich die elf Songs zwischen Minimalismus, Synthesizern und Ambient. Weder Pathos noch Pomp haben hier ihren Platz. Die Inszenierung vergangener Tage ist einer Ernsthaftigkeit gewichen, wobei bis heute diverse Stimmen selbst diesen Wandel nur für eine neue Szenerie halten. Allerdings lässt sich die Schwere von »Ghosteen« kaum künstlich erstellen. Jeder Ton, jedes Wort tut beim Hören weh. Dieses Album besitzt Hoffnung, es ist schließlich ein Prozess, es wandelt sich im Kern etwas. Aber niemand sagt, dass dieser Prozess angenehm sein wird. Hier öffnet sich ein Mensch, wieder einmal, um seine Verletzlichkeit zu zeigen. »Sun Forest« erzählt von paradiesischen Zuständen, es geht eben weiter, das Leben, das Sein. Dazu Chöre und Geigen. Alles so zerbrechlich und sakral aufbereitet, dass »Ghosteen« eins jener Alben sein wird, die als Meisterwerk ihre Anerkennung bekommen und sich doch kaum hören lassen. Denn der präsentierte Schmerz, die Ängste sind kaum zu verarbeiten, so privat und intim. Und sie sind eben doch da. Es gibt keine andere Lesbarkeit der Songs. Egal, wie viel Esoterik und Spiritualität da Nick Cave in seinen Texten unterbringen will. Am Ende bleibt die Hoffnung. Und das ist vielleicht die wichtigste und irgendwie auch schöne Botschaft dieses Albums.
Ghosteen