Zeit wird bevorzugt in angstbesetzten Zusammenhängen erlebt. Sie ist, auf das eigene Leben bezogen, begrenzt verfügbar, und selbst im Alltag scheint es nie genug davon zu geben. Dinge müssen erledigt, Orte erreicht, Momente von »quality time« wollen in den Takt der 24 Stunden eingepfercht werden. Dagegen stehen Musiker wie der Chicagoer Bassist Joshua Abrams und seine Mitstreiter der Natural Information Society. »Since Time Is Gravity«, der Titel ihres jüngsten Albums, stellt gar eine These, wenngleich eine unabgeschlossene, auf: Zeit ist Schwerkraft, etwas das erdet, statt einem davonzulaufen. Was genau daraus folgt, überlässt einem der Satz. Doch die versammelten Improvisationskünstler – zur Kernbesetzung kommt eine Reihe verschiedenster Kollegen aus der Stadt hinzu, darunter der Schlagzeuger Hamid Drake und der Saxofonist Ari Brown –, deuten eine mögliche Antwort an. Über die zirkulär-repetitiven Grundfiguren, die Gimbri (Josh Abrams), Harmonium (Lisa Alvarado), Perkussion (Mikel Patrick Avery) und Bassklarinette (Jason Stein) vorgeben, legen die vielen beteiligten Bläser ihre fließenden Akkorde und minimalinvasiven Melodien. Wirkt ein bisschen wie Open-Form-Jam, wobei die Patterns der Natural Information Society für Form genug sorgen. Die löst sich mit der Zeit aber in der eigenen Wahrnehmung nach und nach auf. Nix mit runterziehen, dafür sacht getragenes Abheben.
Since Time Is Gravity