Review World Music

Naná Vasconcelos

Nana Nelson Angelo Novelli

Altercat • 1975

Paris, 1975. Der Brasilianer Naná Vasconcelos sitzt zwischen Stühlen. Eine Rückkehr in seine von einer Militärdiktatur beherrschten Heimat ist keine Option. Doch um in Frankreich zu überleben, muss Vasconcelos exotisierende Erwartungen an lateinamerikanische Künstler:innen navigieren. Er verdingt sich als Session-Musiker und »Musiktherapeut« in einem Kinderspital. Als Vasconcelos Geld benötigt, untermalt er eine Chrysler-Werbung mit Tropicana-Klischees. Nur langsam löst sich der Perkussionist von seinem Ruf als Begleitmusiker, seit er zwei Jahre zuvor das Solo-Album »Africadeus« aufnehmen konnte.

Sein späterer Status als Aushängeschild brasilianischer Musik ist noch in weiter Ferne. Doch diese Zwischenphase ist immens produktiv. Dies zeigt sich an der Kollaboration mit dem Gitarristen Nelson Angelo und Bassist Novelli. Das Album bietet acht Jazz-Stücke mit brasilianischem Flair. Das Trio bewegt sich nie zu weit von europäischen Hörgewohnheiten weg. Den Songs fehlt das rohe Selbstbewusstsein von »Africadeus« oder die Finesse des späteren Meilensteins »Saudades«. In Vasconcelos‘ Discographie gilt es als Randnotiz. (Daniel B. Sharp erwähnt die Kooperation in seinem lesenswerten Buch zu Vasconcelos nicht einmal.) Doch alle Songs sind gut bis großartig. Das zeigt einen bitteren »double bind«: In den 1970er musste sich Exil-Musikerinnen an westliche Standards anpassen. Heute stoßen ihre Alben genau deshalb auf weniger Interesse. Das muss nicht so sein.