Mykki Blanco startet mit vielen selbstbewussten Statements aber auch gleich ein bisschen Reue ins Labelbusiness. Die Statements kennen wir von Blanco, die Reue ist zuerst ungewohnt. Sie rührt daher, dass auf »C-ORE« keine einzige Frau vertreten ist. In einem gemeinsamen Interview mit Peaches gab Blanco zu, dass der Journalist Thomas Venker einen »wunden Punkt« träfe, wenn er auf diese Ungleichmäßigkeit aufmerksam macht. Tatsächlich: »C-ORE«, das erste Release auf Blancos Imprint Dogfood, wird von (biologischen) Männern dominiert. Ein kleiner Wermutstropfen für ein Projekt, das sonst vieles richtig macht. Denn während es da draußen noch genug Plattenläden gibt, die mit Genrezuteilungen wie »Black« oder dem euphemistischen »Urban« (lies: »Black«) ernsthaft race mit Sound gleichsetzt, zieht »C-ORE« als disparates Statement von vier Schwarzen Musikern, die sich flexibel zwischen bollerndem Trap, dreamy Cloud Rap und digitalem Harsh Noise bewegen. Das sind Stile, die den Sound von Blanco – trotz der Ankündigung, die aktive Musikkarriere an den Nagel zu hängen, übrigens zwei Mal vertreten – massiv informiert haben. »C-ORE« ist ein Posse-Produkt, dessen Vielseitigkeit eine logische ästhetische und inhaltliche Konsequenz sowie eben auch Grenzen aufweist. »This Is Going To Be Disgusting, Unholy and Pleasurable«, lautet der Titel von Violence‘ Opener und nicht mehr, keinesfalls aber weniger bietet »C-ORE«. Es stellt zwar nicht allen, immerhin aber diesen vieren wegen ihrer Hautfarbe oder sexuellen Identität an den gesellschaftlichen Rand gequetschten Menschen eine Plattform. Dass die Stimmen der Vier dabei entweder – wie in Yves Tumors Noise-Tracks – entweder gar nicht oder aber, wie bei Blancos Sound Poetry-Stück »Paw« und Psychoegyptians Autotune-Rap im Slum Savage-Feature »Lullaby« übermäßig präsent sind, spricht in den USA des Jahres 2015 wortwörtlich Bände. Blanco startet also mit selbstbewussten Statements ins Labelbusiness. Hoffentlich, nein, vermutlich wird er bald nichts mehr zu bereuen haben.
Presents C-Ore