»Langsam wird das Trinkwasser knapp/ In diesem Knast, der so verdammt viele Insassen hat«. Schon die einleitenden Sequenzen der sperrigen Anti-Single »Garmisch-Partenkirchen« machen klar: Muso ist ein Kopfmensch. Ein melancholischer 20-Something, dessen mysteriöse Chiffren sich in organischer Fabrikwerk-Ästhetik zu einem über-kryptischen Sprach-Gemälde ergießen. Raps für den Deutsch-LK? Mitnichten. Es ist die Vertonung jenes merkwürdigen Endorphin-Katers nach einer durchgemachten Partynacht, wenn es zum Schlafengehen zu spät und zum Aufstehen zu früh ist. »Stracchiatella Now« erklärt den Widerspruch zum Lebensgefühl, umwunden von astronomischen Instrumentals aus den Hochglanz-Konsolen der Post-Punker von Get Well Soon und Sizarr, die HipHop nur noch im Verwendungszweck angeben. Das monumentale Debüt des Heidelberger Chimperator-Singnings ist nicht einfach nur anstrengend, es ist geradezu entmutigend. Weder scheren sich die wolkigen Based-Music-Rhythmen um konventionelle Pop-Song-Strukturen, noch will sich das innere Zerwürfnis von Musos Gedankenspielen selbst erklären. »Die anderen Kinder benehmen sich/ Wir wollen alles sofort für immer und ewig«, diktieren seine verschachtelten Assoziationsketten der Generation Statusmeldung quasi im Sekundentakt neue Tattoo-Motive unter die Haut. Zeitweise skandieren diese »Afterhour-Gedanken« mehr mit der Eleganz eines ungelenken Poetry Slammers durch die Synthie-Sphären, doch genau diese verworrene Metaphern-Metrik verdeutlicht, dass »Stracchiatella Now« seinen eigenen Gesetzen folgt. Wie der Morgen nach einer durchgemachten Partynacht – verstrahlt, verwirrt, verkopft und geradezu entmutigend schön.
Stracciatella Now