Review

Multicast Dynamics

Ancient Circuits

Astra Industries • 2020

Kataklysmische Ereignisse, fiktive Zivilisationen, andere Welten, die zehntausende Jahre hinter oder vor uns liegen aber auch die gegenwärtige Erhabenheit der irdischen Biosphäre: Im Rahmen seines Projektes Multicast Dynamics konfrontiert Samuel van Dijk seit 2014 mit Soundtracks für die überlebensgroßen Zusammenhänge. Auf »Ancient Circuits« wölbt der auch als Mohlao oder VC-118A aktive Produzent in vier 25-minütigen Suiten das kreiselnde Sternenzelt zum DMT-Dom und macht dabei jedes Zeitgefühl vergessen. Kristalline Synthesizer glitzern hier durch gefühlt dutzende Ebenen von raunenden Pads und Geräuschkulissen. Ein Schleier hängt über der Produktion, die jeden atmosphärischen Transit wie das nächste Level in einer langen Bergentrückung ausgestaltet. Gerade während »Part Three« und »Part Four« dieser 100 Minuten verschwimmt der wahrgenommene Zustand des Mediums zunehmend, vor allem wenn das Album unterm Kopfhörer seine volle Wirkung entfalten darf. Ob man sich nun elf Kilometer unterhalb des Meeresspiegels im Marianengraben oder elf Milliarden Kilometer jenseits des Kuipergürtels im Vakuum befindet, ist irgendwann nicht mehr auszumachen – der Tenor bleibt stets ausufernd fremdartig und dennoch verlockend. Wie? Einerseits sind es subtile klangliche Umschwünge, die beim konzentrierten Hören zwar sofort auffallen, aber immer die davor hochgezogenen Szenarien geschmeidig rekurrieren. Andererseits ist es die Selektion komplementärer Klangfarben, in dunklen Blautönen und leuchtendem Schwefelgelb, durch deren Repertoire von aufwändig moduliertem Piepen, Dröhnen, Glucksen, Knarzen, Rauschen, Zischen, Zirpen dieses Album zu einer weiteren immersiven Erfahrung aus dem Hause Astral Industries gerät.