16 Stimmen gegen ein paar Synthesizer – für sein neues Album »Silencio« betreibt Moritz von Oswald das, was in avantgardistischen Kontexten gemeinhin »Klangforschung« genannt wird. Soll in diesem Fall heißen: Der Dub-Techno-Pionier versucht, über elf Tracks hinweg herauszufinden, wo Unterschiede zwischen und Gemeinsamkeiten von menschlichen und elektronisch erzeugten Tönen liegen. Dazu entwarf von Oswald Musik in seinem Studio, ließ sie vom finnischen Komponisten Jarkko Riihimäki zu Papier bringen und vom Chor Vocalconsort Berlin in einer Kreuzberger Kirche einsingen. Der Schauplatz wurde nicht zufällig gewählt: Wenn Stimmen und Elektronik (dis)harmonieren, klingt das während mancher Passagen wie ein langgezogener, repetitiver Gregorianischer Choral. Auch das macht Sinn, schließlich schöpft von Oswalds Kunst die Potenziale der Wiederholung seit jeher voll aus. Als Musterbeispiel dafür kann das passend betitelte »Infinito« herhalten, in dem Synths und Chor nebenher gen Unendlichkeit wabern. Die Atmosphäre bleibt über die komplette Spielzeit hinweg beklemmend, wie etwa auf dem morbiden »Colpo«, und hat nichts von den mitunter entfesselten, spielfreudigen Grooves des Moritz von Oswald Trios – soll sie auch nicht. Auf »Volta«, dem dringlichsten Stück, pochen dumpfe Kicks unter einem Chor, der plötzlich den Rhythmus vorgibt. Das ist es wohl, was Moritz von Oswald auf »Silencio« sucht: Den Rollentausch, den Dialog zwischen musikalischen Entitäten.
Silencio