Review Avantgarde Hip-Hop Jazz

Moor Mother

Jazz Codes

Anti- • 2022

Moor Mother hat in den letzten drei Jahren das Jazz-Game durchgezockt. Sie veröffentlichte mehr Platten, gründete neue Projekte, reiste immer weiter. Von Krems bis Montreal, von Los Angeles bis Salisbury – viele Kurator*innen von artsy Festivals haben Camae Ayewa mittlerweile auf der Kurzwahltaste abgespeichert. Mit »Jazz Codes«, ihrem neuesten Album, wird sich das nicht ändern. Die Platte schlängelt sich durch Hip-Hop und Jazz. Manchmal dimmt sie den Raum auf einen Vibe, für den sich manche Zigarren in die Mundwinkel stecken und am Bourbon nippen. Andere Male flötet sie mit einem Flow über Boom bap-Beats, bei dem manchen OGs die Grillz aus dem Kiefer klappen. Natürlich wächst auch das Ensemble von Moor Mother. Die Feature-Liste von »Jazz Codes« liest sich wie der Abspann eines Spielberg-Streifens. Mit Keir Neuringer und Aquiles Navarro hat sie die spannendsten Jazzer der USA verpflichtet. Auf dem Footwork-Opener dreht der pinke Panther an der Uhr: Harfen-Spezi Mary Lattimore zupft sich im Loop in Vergangenheitsekstase. Fatboi Sharif, der Mann mit der Maske, steuert 16er auf »Blues Away« bei. Im Mittelpunkt steht niemals Moor Mother – sie bewegt sich mit ihren Texten auf einem Grat zwischen Empowerment und Ethnologie-Seminar – im Mittelpunkt steht vielmehr die Erfahrung, die man zuerst mal finden muss, weil: Wo man das Teil im Plattenladen finden soll, bleibt eine Disziplin für sich. Spricht dafür, nicht dagegen!