Review Dance

Moodyman

!DJ-Kicks

!K7 • 2016

DJ Mixes sind eine spannende Sache. Sie vergegenständlichen den Club-Moment auf Tonträger; sie bieten Raum für zeitgenössische Gratwanderungen, historische Abrisse und Ellbogenfreiheit zum Experimentieren. Hier und da lässt sich eine neue Facette entdecken und Ideen die unter der Oberfläche des auserkorenen Protagonisten schlummerten und bisher nicht die auf sie zugeschnittene Erwähnung finden konnten, wittern plötzlich ihre Chance. In Bezug auf Kenny Dixon Jr. aka Moodyman fallen an dieser Stelle mehrere Kausalitäten zusammen, die eine gewisse Erwartungshaltung demgegenüber schüren. In sich spannungsgeladen und verheißungsvoll, da die Soul-induzierte Produktionsweise der Detroiter Legende in Bezug auf die Entwicklung von House Music zusammen mit Größen wie Theo Parrish so viel Pionierarbeit geleistet hat und Geschichtsunterricht aller erster Güte verspricht. Ferner ist das hier der nach über 20 Jahren des Produzentendaseins erste offizielle Beitrag von Kenny Dixon Jr. in der Richtung, wenn man mal von der in 2006 erschienenen Moodyman-Collection absieht.

Beim Betrachten der Trackliste fallen statt der erhofften Superraritäten zunächst die profanen, Gassenhauer produzierenden Deep-House Spezialisten auf, die man sonst eher auf irgendwelchen Ibiza Compilations findet – oh je, kann das gut gehen? Wenn man sich, zurück auf dem Boden der Tatsachen, jedoch erst einmal vom Dogma des Track-Id-Hamsterns losgesagt hat und der Musik an sich widmet, fällt das Urteil weniger streng, ja über weite Strecken sogar positiv aus. Über weite Strecken, da Moodyman es in regelmäßigen Abständen schafft, subtil erzeugte Spannung durch Stücke aus dem Ruder laufen zu lassen, die sich nicht so Recht in die Szenerie einfügen wollen. Womit bewiesen wäre, dass das sooft positiv zu bewertende Prädikat »Ecken und Kanten« durchaus auch einen gegenteiligen Effekt erzielen kann.

Der stilsicher kuratierte Beginn aus von Soul nur so strotzenden Stücken der Herren YAW, Cody ChestnuTT und Jitwam wird durch eine gefällige Vocoder-Nummer von Talc gänzlich aus der Bahn geworfen, nur um danach mit einer Ballade von Beady Belle weiterzumachen. In der Folge entwickelt sich ein unermüdliches Auf und Ab. Von den echt guten Momenten ließen sich an dieser Stelle exemplarisch Nightmares on Wax, Andres, Funk aus Nigeria von Tirogo, Anne Clark und der wahrscheinlich originellste Griff in die Plattenkiste, »Tag Team Triangle« von Blissom & Merkin, eine um die Jahrtausendwende veröffentlichte, cool abgroovende Jazz-Nummer, die über die Jahre in Vergessenheit geriet, herauspicken. Warum war der Rest also notwendig? An der entsprechenden Plattensammlung dürfte es Moodyman nicht mangeln. Irgendwie bleibt man mit dem Gefühl einer verspielten Chance zurück, denn deutlich mehr war hier denkbar und wäre möglich gewesen.