Review

Merimell

Workout

Unknown To The Unknown • 2016

Manchmal ist es schwierig einzuschätzen, was im Kopf von Unknown To The Unknown-Gründer DJ Haus so los ist. Hin und wieder scheint es sogar ganz als würde der sich alles nur ausdenken. Bestes Beispiel ist »Workout«: Ghetto House aus Estland? Das ist zuerst alles andere als glaubwürdig. Die Produzentin Merimell allerdings existiert durchaus, verbrieft wird das durch bisher ein Release auf Desolat und nun diesem unsubtilen Arschwackel-»Workout«. Merimells Sound ist stripped und konzise, konzentriert sich auf den Exzess. Der Titeltrack und »Getting Hot« sind bouncende Bassmonster, die außerhalb der Peak-Time keine Zeitrechnung kennen. Anders die Remixe von einerseits Palace, der seit geraumer Zeit zum Stammkader von DJ Haus‘ YouTube-gone-Vinyl-Label gehört. Sein Remix von »Workout« bringt eine leicht melancholische Note auf den Dancefloor, ohne dabei die Floortauglichkeit des Originals zu torpedieren. Komplexer gestaltet sich der ironisch betitelte »Climate Change Mix« von »Getting Hot« durch das Matmos-Mitglied Drew Daniel alias The Soft Pink Truth. Aus dem bangenden Slammer wird bei ihm ein fiebriger Track mit krudem Pop-Appeal, der gleichzeitig an alte Chicago House-Traditionen anzuknüpfen scheint wie er die humorbetonte Experimentierfreude von Daniel widerspiegelt: Groovende Basslines treffen auf eine wirre Polyphonie von zerhäckselten Sprachsamples. Das reicht einerseits höchstens als Peak-Time-Tool fürs K-Hole, entfaltet aber seinen ganz eigenen Charme. Nicht zuletzt bringt es ein Gegengewicht zu Merimells tonnenschwerem Ghetto House-Entwurf ins Feld, das die stilistische Ausgewogenheit von »Workout« im Gesamten garantiert. Was auch immer im Kopf von DJ Haus so los ist, einen feinen Sinn für die richtigen Signings kann ihm niemand in Abrede stellen – Merimell ist nämlich eine vielversprechende Entdeckung.