Review World Music

Meridian Brothers

Mi Latinoamérica Sufre

Ansonia / Bongo Joe • 2024

Die drei Gewissheiten des Lebens sind Steuern, der Tod und dass das neue Album der Meridian Brothers ein bisschen anders sein wird als das letzte, mindestens aber genauso gut. »Mi Latinoamérica Sufre« ist das erste Soloalbum des Kolumbianers Eblis Álvarez – wer es noch nicht wusste: Diese Gruppe ist im Wesentlichen ein Ein-Mann-Betrieb – seit dem im Jahr 2020 erschienenen »Cumbia Siglo XXI«, auf das seitdem Kollaborationsplatten mit Conjunta Media Luna und Grupo Renacimiento folgten. Auf der neuen LP lässt sich Álvarez von westafrikanischer Highlife-Musik und dem kongolesischen Soukous inspirieren, einer Art Vorläufer des Merengue.

Im Miteinander dieser afrikanischen beziehungsweise afro-karibischen Traditionen mit Fokus auf der Gitarre – hier gänzlich unverzerrt – mit lateinamerikanischen Rhythmen wie dem bei den Brothers allgegenwärtigen Cumbia baut sich Álavarez einige wunderbar weirde Tunes zusammen, die trotz ihrer etwas rough-retroistischen Produktion ausgesprochen innovativ sind: Dieser fröhlich-anarchistische Bricolage-Ansatz würde in den Händen der meisten anderen bestenfalls zu glücklichen Zufällen führen, Álvarez aber ist anders als alle anderen: In Verbindung seiner humorigen Gesangsperformance – ein Mann macht sich 47 Minuten lang schamlos über sich selbst lustig – gelingt es ihm, Unerhörtes zu schaffen. Heißt: Eben ein Meridian-Brothers-Album, anders als das letzte und mindestens genauso gut (wenn nicht sogar besser).