Review

Masami Akita & Eiko Ishibashi

Kouen Kyoudai 公園兄弟

Editions Mego • 2016

So harsch, kreischig und chaotisch die Platten von Masami Akita alias Merzbow auch klingen, im Grunde handelt es sich dabei um Meditationen. Selbstverlorenes, unkommunikatives Dèrive im Sound. Interessant ist das vor allem für die Hardcore-Fans des Japanoise-Godfathers und sonst für eigentlich niemanden. Anders seine Kollaborationen, die im besten Fall großartig viel Reibung erzeugen. Zuletzt steuerte Akita unter anderem ein bisschen Flächenkrach für die Powerviolence-Band Full Of Hell bei, verlor sich mit Xiu Xiu in pseudo-transgressiven Noise-Orgien und verfeinerte Boris‘ sphärische Neuinterpretationen alter Klassiker mit dem richtigen Ohr für tiefenwirksames Sounddesign. Neben der sicherlich spannend ausfallenden Kollaboration mit Nine Inch Nails-Mitglied Alessandro Cortini auf Important sticht seine Zusammenarbeit mit Eiko Ishibashi aus der Flut der Merzbow-Releases hervor. Ishibashi wiederum befasst sich gerne mit konventionellen Strukturen, manche ihrer Stücke würden im Abendprogramm einer mondänen Jazz-Bar vielleicht nicht allzu sehr auffallen. Auf »Kouen Kyoudai 公園兄弟« treffen sich beide in der Mitte ihres Schaffens. Ishibashi sitzt zu überwiegenden Teilen am Schlagzeug oder am Piano und gibt unvorhersehbare Rhythmen und sprunghafte harmonische Brüche vor, auf die Akita recht gezügelt, dafür aber umso konzentrierter antwortet. So viele Anknüpfpunkte es zwischen Free Jazz und Noise auch gibt, selten gab sich ihr produktives Miteinander dermaßen eingängig. Die beiden rund 18 ½ Minuten langen – ja, was eigentlich: Kompositionen oder doch Improvisationen? – klingen selbstverständlich harsch, kreischig und chaotisch, nicht aber so selbstvergessen und unkommunikativ, als würde Merzbow allein an der Elektronik schrauben. Akita und Ishibashi finden zuerst zu einem Dialog und dann eine gemeinsame Sprache, in der sich die Brutalität von Krach und die Schönheit simpler Formen frei entfalten können. Auf »Kouen Kyoudai 公園兄弟« gibt es wahnsinnig viel zu entdecken, weil die beiden einander das mitgeben, was ihrer jeweiligen Musik sonst fehlt.