Unglaublich, was dann doch immer noch alles rumliegt. Haben einfach sehr viel gemacht, die richtig Guten. Jetzt sind alte Demos oder Skizzen des Halbgottes Martin Rev – ganz Gott war er zusammen mit Alan Vega als Suicide – erschienen. Es soll Menschen geben, die beim Lesen des Namens alle Zweifel verlieren, aber auch solche mit schlechterem Geschmack. Als ein solcher kann man sich die Frage erlauben: Braucht man das? Unfertige Entwürfe, Rumgespiele, wenn man doch auch das fertige Produkt haben kann? Die Antwort ist ein entschiedenes: mehr als das selbst ein Fan gedacht hätte. Die 16, eher unangenehm betitelten Stücke von »The Sum of Our Wounds (Cassette Recordings 1973-85)« sind, erst Recht in der Summe, mehr als Vorprodukt. Das alles wirkt in seiner Gesamtheit sehr stimmig. Es steckt selbst in dieses Spielereien so viel Melodie und Atmosphäre drin; das Ungefilterte verstärkt den Suicide-Vibe nur noch, die (kreative) Kraft strömt diesem Ding aus alles Kanälen. Einsteiger finden hier zufällig das beste LoFi-Drum-Machine-Album des Jahres, Liehabende schmachten den Rohbau von Übersongs wie »Dream Baby Dream«, »Surrender« oder »Ghost Rider« an und finden darüber hinaus durchgängig mehr Material für die Beweisführung, dass Martin Rev einer der wichtigsten Instrumentalisten aller Zeiten ist.
Günter Schickert
Samtvogel
Bureau B