»In der Szene ist es ein ungeschriebenes Gesetz, dass kein Sprayer das Einzel-Tag eines anderen verwendet. Dies wäre auch widersinnig, da hiermit der Fame eines anderen vergrößert würde.« So oder so ähnlich lauten die Erläuterungen der Graffiti-Sokos Bundesweit, wenn es um die Identität und Zuordnung von Graffiti-Writern und deren Bilder geht. Regeln sind da um gebrochen zu werden, dachten sich TAPS und MOSES, die mit ihrem Buch International Topsprayer derzeit für Furore sorgen. Diese wechseln nämlich kurzerhand ihre Namen und bereisten die halbe Welt, um 1000 Züge in 1000 Tagen zu sprayen. Von Düsseldorf nach Aarau, über Warschau nach Zagreb. Natürlich darf auch Italien auf ihrer Reise nicht fehlen. Dass es dort, weitaus mehr zu erleben gibt als Pizza, Pasta und schöne Frauen, wird beim Durchblättern schnell deutlich. In der italienischen Provinzstadt Catanzaro beispielsweise. Die hat in ihrem Schienennetz nur acht Bahnen zur Verfügung hat, um die ansässigen Bewohner von A nach B zu bewegen. Diese Züge waren in der Vergangenheit noch nie ordentlich bemalt bzw. wirklich gereinigt worden. Und so machten sich MOSES und TAPS an die Arbeit: »Die Abende verbrachten wir dann in einer kleinen Pizzeria, von der wir uns auf den Weg zum Yard machten. Gegen 20:00 Uhr wurde der Bahnhof abgeschlossen und ab ca. 22:00 Uhr machten wir ihn wieder auf. Am ersten Abend standen drei von den acht Einheiten im Bahnhof, am zweiten dann vier andere.(…).Am Ende der zweiten Nacht hatten wir also fast alle Züge neu gestaltet.«
Wer nun denkt die beiden hätten auf ihrem Trip nur Provinzbahnhöfe bereist, der irrt sich. Neben den bereits genannten Orten machten TAPS und MOSES auch in Rio de Janeiro oder New York halt, um die dort ansässigen Bahnen zu lackieren. Was neben der schier unerschöpflichen Fülle an Bildern besonders auffällt, ist mit welch ausgesprochener Kreativität und Innovation die beiden die Züge weltweit bemalten. Alleine die Idee, mit Sprühdosen, Klebeband, Cuttermesser, Sekundenkleber, Edding und dem Deckel einer Cremedose die Tür auf einem Zug verschwinden zu lassen und eine »neue« Tür aufzumalen, ist schlichtweg genial. Gibt es in Deutschland jemanden der in puncto Qualität oder Quantität oder Innovation auch nur annähernd an TAPS und MOSES herankommt? Dass sie für dieses Projekt ihre Namen tauschten gerät hier fast zur Nebensache, so schön sind die Ergebnisse ihrer Aktionen. Das Buch wird abgerundet von der guten Qualität der Aufnahmen, die oftmals die Atmosphäre und das Gefühl eines fahrenden Panels oder Wholecars eindrucksvoll unterstreichen. Es macht einfach Spaß sich durch die Seiten zu blättern und die Anekdoten zu lesen, die hier beigefügt wurden, und man möchte das Buch am liebsten gar nicht mehr zuklappen. Hier sind zwei Writer am Werk, die am Ende des Tages immer zurecht von sich behaupten können: »Been there, done that.«
International Topsprayer: Moses & Taps