Mal ganz sachlich vorneweg: Auf Mr. Bongo -Reissues ist Verlass. Auch dieses Release kommt mit der perfekten Replik des Original-Artworks, selbst das Sheet mit den Anweisungen für ein perfektes Hörerlebnis beinhaltet die Neuauflage. Wer Luis Pérez’ »Ipan In Xiktli Metztli, México Mágico Cósmico, El Ombligo de la Luna« (one time for SEO) kennt, der sitzt eh schon seit Monaten in einem extra auf 35 Grad Celsius hochgeheizten Zimmer und freut sich bewusst in die Wirbelsäule atmend auf dieses Album.
Für alle anderen folgt nun die Erklärung. Zuerst einmal muss man sagen, dass die Reissue fast ein bisschen zu spät kommt. Die vergangenen Jahre waren voller musikalischer Dschungel-Interpretationen, auch viele kontemporäre Alben versuchten bunte Vögel und fette Kondenstropfen in ihre Songs einzuarbeiten. Musik als Fluchtmittel, sowieso; immer öfter evoziert sie dabei aber auch Fast-Real-Orte, entwirft das Bild einer bekannten Fremde. Man kann das durchaus ein bisschen über haben. Man sollte aber auf keinen Fall den Fehler machen, irgendwas vom empfundenen Überdruss auf Ipan In Xiktli Metztli zu beziehen. Das alles hier ist a) keine Exotik als Selbstzweck und b) halt auch einfach straight fire so.
Pérez, geboren 1951 in New Mexico, verbrachte aber seinem 20sten Lebensjahr eine Menge Zeit damit, die Instrumente von Mesoamerika zu studieren. In Mexiko lernte er direkt von den Eingeborenen. Seine Musik stammt von solch geschichtsträchtigen Instrumenten, selbst eingespielt und gesamplet, von den Kulturen der Maya, Nahuatl, Mazateco und Wixarika. Was Ipan schließlich als Endergebnis ist, ist viel mehr als nur Geschichtsunterricht mit ein bisschen mehr Schweiß. Das ist ehrfürchtige Musik, das sind Geräusche von Menschen, die sich in Präsenz einer höheren Macht wähnen. Von Gott oder der Natur oder beidem. Zutiefst spirituelle Musik, sie wirkt, als könne sie keinen klaren Urheber haben. Entstanden im Raum. Irgendwas mit Zeit, nicht linearer. Als sei sie Kanalisation von Tönen, die einfach da waren und sind. Und sein werden. Sie klingt gleichzeitig als käme sie aus gefallenen Reichen, wie sie klingt, als sei sie Transmission von Zivilisationen aus der Zukunft.
Wer’s gerne ein weniger bodenständiger hat (fair enough, liebe Leute): Ipan klingt, als hätte ein südamerikanischer Stamm die Berliner Schule erfunden. Kosmischer kann Musik kaum noch werden. Sinneserweiternder Stuff, wer’s gehört hat, ist ein besserer Mensch.