Review Dance

Lucas Croon

Hals Und Kopf

Ediciones Villasonora • 2023

»Soundtrack eines nie gedrehten Films«, »Begleitmusik imperialer Lebensweise«, »Dandy-Kopfkino im Paranoiamodus« – so oder so ähnlich könnten die Claims für Hypesticker lauten, die Lucas Croon auf den Sleeve von »Hals und Kopf« pappt. Stattdessen gibt es ihn am Telefonhörer, daneben graue Küste, eingerahmt durch vanillefarbenes Creme. Wie sich ein gewisses Understatement wahren lässt, das wusste Lucas Croon schon zu Zeiten der EP »Schlachthof Aufnahmen« von 2016. Wunderbare Melodien trafen da auf unabsehbare Wendungen und demütige Instrumentierung zwischen analog und digital. Sein Debütalbum integriert nun ähnlich leichtfüßig eine eklektische Soundpalette aus fünf Jahrzehnten, ganz ohne zu stolpern. Mit außerordentlichem Gespür für Timing, Klangfarben und einer cineastischen Dramaturgie lässt er hier über knapp eine Stunde hinweg die produktionstechnischen Muskeln spielen.

Gestählt durch Jahre als Resident im Düsseldorfer Salon des Amateurs, gelingt ihm auf »Hals und Kopf« so etwas wie die Quadratur mehrerer Kreise: Downtempo und Balearic Beat, kosmische Musik und Synth Funk, stilbewusster Retrofuturismus und beherztes Sampling verschwimmen zu einem Trip durch die vergangenen Jahrzehnte, der trotzdem das Jahr 2023 im Rückspiegel behält. Ein perspektivisches Stilkarussell, in dem alles auf etwas spontan Naheliegendes Bezug nimmt und neu verbunden wird – irgendwo zwischen Club und Kopfhörer. Ähnlich wie Künstler vom Schlage eines Niklas Wandt, Nils Herzogenrath oder Wolf Müller aka Jan Schulte entpuppt sich Lucas Croon abermals als Profi im Reframing zeitgeistiger Tunes, die neue Ideen gerne in nostalgische Gewänder kleiden und dabei vor Style regelrecht überquellen. Schaffen nicht viele – hier ist es derart gelungen wie dieses Jahr kein zweites Mal.