Utopien sind Dystopien in Spiegelschrift: Was für die einen wie das bestmögliche aller Systeme aussieht, wirkt auf andere wie das pure Grauen. So erklärt sich auch ein Titel wie »Hostile Utopia« vom Debütalbum des Produzenten Low End Activist, auch bekannt unter dem Pseudonym Patrick Conway sowie als Betreiber des Labels Sneaker Social Club. Wo das eine wie das andere allerdings für breakige Rave-Sounds stehen, verpflichtet sich der Brite als Low End Activist den bassigen, dreckigen Interpretationen heimischer Dance Music – Grime, Dubstep und UK Bass bilden den Unterboden seines Sounds und damit stellenweise auch auf »Hostile Utopia« die Bühne für Gast-MCs. Das heißt eben so, weil damit die zwiespältige Beziehung der Beteiligten zu den Sozialbauten ausdrückt, in denen sich einerseits der Wunsch nach leistbarem Wohnraum und multikulturellem Miteinander realisiert, die nach Jahrzehnten der Austeritätspolitik aber andererseits Symbolbilder und reale Brutstätten sozialer Ungleichheit sind. Der Sound ist dementsprechend bedeckt bis düster – Grime-Elemente werden von ihren euphorischen Spitzen befreit, Dubstep- oder Jungle-Anleihen laden weniger auf den Dancefloor denn vielmehr zum Einrollen in die Emrbyostellung ein. Weil Low End Activist ein versierter Produzent ist, setzt er dieser inhaltlichen Schwere und atmosphärischen Klaustrophobie aber eine stilistische Leichtigkeit und Offenheit entgegen, die das Gesamtbild genauso ambivalent macht wie sie das Album im Gesamten ungemein nuanciert scheinen lässt. Ein bisschen erinnert das an Ant Oranges Meisterstück »You’re Super in Diagonal«, nur dass noch circa fünf Tonnen Bass mehr dranhängen. Natürlich zieht das runter. Aber so ist das eben mit Utopien, deren Inhalte sich erschöpft haben.

Hostile Utopia