Review Jazz

Lonnie Liston Smith

Cosmic Funk

BGP Records • 1974

Manchmal ist weniger wissen ein Vorteil. Wenn man zum Beispiel noch nie von Lonnie Liston Smith gehört haben sollte, ist »Cosmic Funk« von 1974 ein gutes Album zum Loslegen. Mit dem Titelstück startet der Keyboarder erst einmal an einem Punkt, den man als Fortsetzung seiner Erfahrung bei Miles Davis in den »On the Corner«-Sessions interpretieren könnte, Fusion der düsentriebbetonten Sorte. Im zweiten Stück, »Footprints«, geschrieben von Wayne Shorter, kündigt sich dann das an, was Lonnie Liston Smith im Jahr darauf mit seinem Klassiker »Expansions« zu höchsten Höhen bringen sollte: ein entspannter, zugleich komplexer Groove mit lateinamerikanischer Fundierung bei keinesfalls allzu gemäßigtem Tempo, dazu sich vornehm zurückhaltende Melodien und Soli. In »Beautiful Woman« kommt noch der Soulgesang seines Bruders Donald Smith hinzu. »Cosmic Funk« hält diesen Kurs bis zu einer Darbietung von John Coltranes »Naima«, dass, als Vokalnummer interpretiert, einen ebenfalls sehr eigenen gelassenen Abschluss für die Platte bildet. Das Kosmische ist da in den Keyboards, der ruhige Puls der Perkussion, die langen Bögen der Bläser. Eigentlich braucht es gar nichts weiter. Mit »Expansions« im Ohr kommt man allerdings kaum umhin, in alldem Vorstufen für Späteres zu entdecken. Wie gesagt, weniger wissen…