Review

Locust

After The Rain

Editions Mego • 2014

Nach dem Regen ist die Luft klar und rein, so als wären der Smog der Zivilisation weggewaschen worden. Wenn du die Augen schließt und tief durchatmest, dann fühlst du dich nach dem Regen selbst in der großen Stadt noch, als wärest du eigentlich woanders. Oder vielleicht sogar wannanders. In der unberührten Natur vergangener Tage. Mark van Hoen ist ein Romantiker. Um das festzustellen, bedarf es nur eines Blicks auf das Cover seines neuen Albums, das eben »After The Rain« betitelt ist. Als Romantiker ist er dem Kitsch zugeneigt, vor allem aber taucht er gern in andere Zeiten ein, lässt seiner Sehnsucht freien Lauf. Als er Mitte der 1990er Jahre unter dem Namen Locust debütierte, war das schon so. Als er das Projekt nach mehr als einem Jahrzehnt Pause gemeinsam mit Louis Sherman aus der Versenkung hob und das fünfte Locust-Album »You’ll Be Safe Forever« veröffentlichte, war es immer noch so. Und natürlich durchdringt die seltsam fernwehe Melancholie von Mark van Hoen auch »After The Rain«, diesem wunderbar getragenen Stück von synthetisierter Waldeinsamkeit. Die elektronische Musik der 1970er Jahre, vor allem aber die im Ausland als »Kosmische Musik« bekannte Form von Krautrock, lassen Mark van Hoen und Louis Sherman aufleben. Inklusive ätherischer Stimmeinsätze, Modularsynthese und unvergleichlich tiefem Sounddesign. Das wäre reichlich käsig und eigentlich überflüssig – das letzte Krautrockrevival ist schließlich noch nicht ganz verdaut –, wenn die Beiden nicht zugleich noch mollgefärbte Pianos und Orgelklänge dazu treten lassen würden. Siehe da: Kitsch und Kitsch ergibt nicht Überkitsch. Sondern ein befremdlich schönes Album, das sich über seine 41 Minuten so anfühlt wie ein langer, tiefer Atemzug nach dem Regen.