Review

Lloyd McNeill Quartet

Washington Suite

Universal Sound • 2011

Geprägt von der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung der 1960er Jahre, beeinflusst durch Figuren wie Martin Luther King und Malcolm X, machten sich seit ca. 1970 eine Handvoll Musiker auf eine »Black American music« zu entwerfen. Jazz bildete die Grundlage für eine Musik, die durch Ideenvielfalt und Gedankenfreiheit geprägt werden sollte. Philosophie, Mythen, Utopien flossen ebenso in die Musik, wie Einflüsse aus fernöstlicher und afrikanischer Musik, aus Klassik und Tanz, aus Gospel, Funk, Soul und Blues. Herausgekommen ist eine Musik, die bis heute nichts an ihrer Aktualität eingebüßt hat. Neben Alice Coltrane, The Art Ensemble of Chicago und Stanley Cowell gehörte auch Lloyd McNeill zu diesem »New Thing!«. Die »open mindedness« dieser Zeit war bei McNeill (geboren 1935) exemplarisch: Er machte keine Unterschiede zwischen Musik, Malerei und Poesie, war in den USA, in Frankreich und Brasilien gleichermaßen zu Hause, war politisch und künstlerisch gleichermaßen engagiert. Nicht nur das macht ihn zu einem der ersten schwarzen Professoren in den USA. Washington Suite war die zweite LP seines Lloyd McNeill Quartets. Sie wurde für die Capital Ballet Company in seiner Heimatstadt Washington, D.C. komponiert, im März 1970 aufgenommen und zunächst (und bislang einzig) auf seinem eigenem Label Asha Recording Company in geringer Stückzahl veröffentlicht. Exemplare dieser Platte werden derzeit für 250 bis 300 EUR gehandelt. Universal Sound wiederveröffentlicht nun dieses Album im originalen Artwork und in einer limitierten Vinylausgabe von 1.000 Stück. Der bekannteste Titel kommt gleich am Anfang. Home Rule war bereits in einer langsameren Einspielung auf der Compilation New Thing! zu hören. Die Version hier kehrt aber nicht nur die Flötenmelodie von Lloyd McNeill heraus, sondern betont auch den Groove, den Marshall Hawkins am Bass und Robert Gravatt am Schlagzeug dem Titel unterlegen. Diese funky breaks sind zwar die Ausnahme, die Stimmung bleibt aber feierlich. Mitunter wird’s klassisch wie bei dem fast schon barocke Züge aufweisenden Fountain In The Circle, oder es wird beschwingt jazzig wie bei Just 71% More, das die B-Seite bestimmende, sechzehneinhalbminütige City Triptych zeigt dann die Kompositionskünste von McNeill, der mit seinen Mitstreitern hier einen breiten, bunten Teppich auslegt, der mehr ist als nur ein Zeitdokument.