Review

Liebezeit Mertin

Akşak

Staubgold • 2015

Das Gefühl, dass ein Rhythmus groovt, stellt sich beim abendländischen Hörer im Grunde nur bei einer bestimmten Sorte von Beats ein. Besonders auf dem Dancefloor hat man es generell mit Rhythmen zu tun, die auf der Vervielfachung gleichförmiger Zweier- oder Dreierzellen beruhen. Anderswo, wie etwa im Orient oder in Indien, ist man mit der Vielfalt besonderer Grooves vertraut, die sich aus der Reihung von sich abwechselnden Zweier- oder Dreierzellen in ungerade Gruppierungen ergibt. Aus der türkischen Tradition gibt es für diese Art Rhythmik den Begriff »Aksak«. Auf welche Fährte wollen uns Jaki Liebezeit und Holger Mertin da locken? Der Begriff »Aksak« schreibt sich, wohlgemerkt, ohne die Cedille, die den Titel ihres Albums »Akşak« so türkisch aussehen lässt. In allen elf/dreizehn Stücken grooven sich die beiden Schlagwerker nämlich in Muster ein, die kurzweilig und hypnotisch, aber doch auch unkompliziert straight abrollen. Manchmal mit einem rumpeln-krachigem Einstieg versehen oder auch mal in zehn Achteln, aber stets ohne didaktische Challenge. Meist setzt Jaki Liebezeit an seinem »World Drum Kit« ein klares rhythmisches Fundament, eine Rolle, die er so meisterhaft ausfüllt, dass er mit ihr bekanntlich Musikgeschichte geschrieben hat. Holger Mertin, mit 38 Jahren beinahe halb so alt wie sein Kollege, bringt darüber alles Erdenkliche an selbstklingendem Arsenal zu Gehör: die klassische Solo-Snare und den Fußgängerzonen-Hingucker Hang, eine K.G. Klangskulptur, Löffel, Kalimba, Oberton-Trommel, bis hin zu tropenfeuchtem Waterphone (zu dem sich Liebezeit mit Bongo-Kif gesellt). Das ganze Album wirkt dabei, nicht zuletzt soundtechnisch, wie geformt aus Mitschnitten von gemeinsamen Jam-Sessions, denen da und dort eine kleine Schar von Gästen zusätzlich Farbe und Profil verleiht. Mit Produzent Josef Suchy an Synth, Gitarre oder Oud duftet es mal kräftig kosmisch, mal nach Bluegrass-Sumpf; Justyna Niżniks Violine setzt orientalische Marken, Harald »Sack« Ziegler oder Timo Reuber legen sich mit Mertins Klangschalen ins Abendlicht auf fetten Bergwiesen, und der Fretless-Sound von Achim Tang zieht Kondensstreifen drüber. „Yallametal“ schließlich schunkelt sich zu fünft einer Fellini-Karawane gleich durch intensive drei Minuten. Macht von vorne bis hinten Spaß, ohne im Magen zu liegen.

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