Sonic Youth sind Geschichte. Es dürfte zumindest sehr unwahrscheinlich sein, dass sich die Ikonen des Indie-Rocks nach der Scheidung von Thurston Moore und Kim Gordon noch einmal für ein gemeinsames Album zusammenfinden. Nur was jetzt machen? Gitarrist Lee Ranaldo nimmt mal eben sein nächstes Soloalbum auf, was sich wie eine kleine Befreiung anhört. »Lecce, leaving« dreht den Krachanteil auf ein Minimum runter und holt dafür Einflüsse aus Country mit rein. Ranaldo spielt da so befreit und locker auf wie auf keinem der letzten Alben von Sonic Youth. Und mit seiner Band The Dust zieht er ebenso die Feedbackmauern hoch, die sonst den Sound der New Yorker Band so auszeichnete. Die ersten Durchläufe von »Last Night On Earth« kommen einem zwar ein wenig komisch und fremd vor. Doch Lee Ranaldo bleibt mit diesem Album auf der Spur, die er sonst schon immer ging. Während sich Moore und Gordon bei ihren Solo-Projekten in Black Metal oder Kunstkrach reinsteigerten, bleibt er hier bei Indie und College Rock. Ranaldo & The Dust gelingt das, wonach Sonic Youth so lange strebten: ein Album, das Anspruch und Eingängigkeit unter einen Hut bekommt. In »The Rising Tide« konstatiert Ranaldo: »This is the best time of my life«. Diese ganze Platte taucht tiefenentspannt in ihren Sound ein. Keine Experimente, keine Ausbrüche. Selbst die zwölf Minuten von »Black Out« verschwimmen mit Gitarren und Feedback zu einer angenehmen Collage. Wer unbedingt den Vergleich zu Sonic Youth ziehen will, dürfte mit »Sonic Nurse« als Referenz ziemlich nahe und gut liegen. Und ein besseres Trostpflaster für das Ende einer der wichtigsten Band der eigenen Jugend kann es eigentlich nicht geben.
Last Night On Earth