Review Klassik

Lea Bertucci

Metal Aether / Resonant Field

NNA Tapes • 2022

Lea Bertucci ist nicht nur erstaunlich vielseitig, sondern auch beeindruckend produktiv. Ein zeitnaher Rückblick auf ihr jüngeres Schaffen in Form dieser Doppel-LP scheint daher also nur angemessen: »Metal Aether« erschien im Jahr 2018, »Resonant Field« im Folgejahr auf NNA Tapes. Die beiden ausverkauften Alben werden nun ebendort nochmals in einem Release zusammengefasst, um nicht zu sagen miteinander kontrastiert. Denn auf dem ersten der beiden Alben steht ihr Spiel auf dem Altsaxofon im Vordergrund, während das Tape rauscht. Die vier Stücke bewegen sich so zwischen minimalistischer Komposition und ausschweifender Improvisation, ein Spannungsfeld, in welchem Bertucci sich selbst mal auf ihrem Instrument verausgabt und ihr eigenes Spiel übereinanderschichtet (»Patterns for Alto«) oder fordernde atonale Klangcollagen entwirft, die fast jazzige Soli mit Noise zusammenbringen (»Accumulations«). Die vier Stücke auf »Resonant Fields« hingegen bewegen sich an der Schnittstelle von ortsspezifischer Klangkunst und aktivem Deep Listening im Sinne einer Pauline Oliveros. Nur stieg sie dafür nicht in eine Zisterne hinab, sondern befüllte den imposanten Marine A Grain Elevator in der sogenannten Silo City in Buffalo, New York mit Musik: ein riesiger Speicher mit zwölfsekündiger Resonanzzeit. Bertucci arbeitet merklich mit diesem räumlichen Reverb. Hier scheint sie sich mit kurzen Phrasen den Klangraum zu erschließen (»Wind Piece«), dort füllt sie ihn mit spannungsgeladenen, übereinander gelagerten, gehaltenen Tönen an (»Warp and Weft«). Auf der zweiten Seite dieser zweiten LP wird der Ton nochmal abstrakter, entfernt sich vom Physikalischen und damit umso von »Metal Aether«. So nebeneinander gestellt offenbart das Doppel-Reissue zwei Extreme einer Komponistin und Musikerin, die noch viele mehr in sich vereint.