Auf ihr erstes Album für Raster-Noton wartet man schon einige Jahre – lange schon gehört Kyoka Kondo zur Familie. Nun ist es da. Und weder ihre ersten Alben auf Onpa))))), japanische Expat-Heimat in Berlin, noch die vorausgeschickte 12" »ISH« aus dem letzten Jahr hat uns vorbereitet. Als lägen Glitch und pumpender Techno in der Luft, seien aber noch nicht erfunden, fast misstrauisch gegenüber Funktionalität (aber fern der kantigen Trockenheit eines Aoki Takamasa) streut Kyoka auf »IS (Is Superpowered)« einen überraschend charmanten Wildwuchs an Bruchstücken auf ein sich dann doch immer irgendwie einstellendes, loopzuckendes Groove-Raster. Nicht selten irrlichtert durch den Post-EBM-Spiegelgarten ihre Stimme in Gestalt eines Cyborgs, der mit der gleichen Gemütsruhe Tee und Knochensäge serviert und dessen Sprach-Chip einen Hau weg hat, der dann »Meander« richtig fluten darf. Ein Track, der übrigens dringend auf ein Footwork-Battle gehört. Überhaupt sind es die verdrehten Anschlüsse, die die Energie unsortierterer Dancefloors aufleben lassen: Der fliegende Toaster in »Lined Up«, dann das Felix-Kubin-hafte »New Energy Shuffle«, das ein plötzlich schnipsender Groove einholt; der mit dem Toy-Frickel älterer Dat Politics in »Re-Pulsion« gekreuzte Electro-Funk-Bass, bis schließlich in »Piezo Version Vision« Autechre rote Ohren wachsen. Zwischendurch schaffen Stücke wie »Moonboots« mehr Atmosphäre, als es der gerümpelige Ansatz erwarten lässt. Das Plattenlabel Raster-Noton hält nicht hinterm Berg damit, dass Frank Bretschneider und Robert Lippok die Produktion maßgeblich unterstützt haben. Dass man sie nicht heraushört, ist bestes Zeugnis dafür, dass sie ihre Arbeit gut gemacht haben – ob Kyoka diese Superpower nötig hatte, oder ob ihr Klanggarten ungekämmt nicht noch uriger gewesen wäre, werden wir nicht erfahren. Auf diesem klassischen Jungslabel ist ihr unangestrengter, versponnener Proto-Techno jedenfalls eine echte Bereicherung.
Jesse Osborne-Lanthier
Unalloyed, Unlicensed, All Night!
Raster-Noton