»This is not ›idle‹ music!« verkündet der Pressetext an erster Stelle. »Idle«, das ist so ein tolles englisches Wort. Es kann träge heißen, faul – müßig. Aber auch stolz im Sinne von eitel. Egal wie man es übersetzt: es stimmt schon, Die Musik von Kokoroko ist das nicht. Sie ist so offensichtlich nicht träge. Weil sie sich bewegt. Weil sie aus Richtungen kommt und in Richtungen geht. Nie hat man das Gefühl, dass eines der vier Stücke fixiert ist. Viel mehr scheint man der glückliche Zeuge eines Momentes des jeweiligen Ausschnitts zu sein, dass sich in der Gegenwart manifestiert. Aber die Ahnung ist da, dass ihr Anfang viel weiter zurückreicht, und das die Musik nach dem Ende des Songs ihre eigene Geschichte schreibt. Aber genug des flatternden Firlefanz‘. Kokoroko sind aktuell ein Oktett und gehören zu den vielen Aushängeschildern der neuen Londoner Jazz-Szene, letztes Jahr festgehalten von Oscar Peterson auf der Compilation »We Out Here.« Der letzte Track darauf war Kokorokos »Abusey Junction«. Der Free-Jazz-Intellektuelle mag diesen gefällig schimpfen. Derjenige, der die eigene Fähigkeit zum Genuss noch nicht unter zu viel Snobismus eingebüßt hat, findet: süßer Baby-Jesus, ist das ein schönes Stück. Sanfte Percussions. Gezupfte Gitarre. Stimmen, die den goldigsten Geist der Welt in den Schlaf wiegen. Vor allem aber: Bläser. Sie sind tonangebend auf der ganzen EP. Deshalb werden hier auch schnell die Ebo-Taylor-Referenzen gedroppt, muss man einfach droppen.»Abusey Junction« sehr ähnlich fließt »Ti-de« vorbei, ein wonnevolles Schlaflied, westafrikanischer Folk im modernen Gewand, man kann sich sicher sein, dass die Nacht dort nicht grau ist. Die Platte öffnet mit dem großartigen »Adwa«. Hier zeigt die Kombo, dass sie auch aufwecken kann. Ethio-Jazz ist der eindeutige Einfluss, aber auch Highlife ist nicht fern, genauso wenig wie die senegalesische Popmusik von Youssou N’Dour Mitte der Neunziger. »Uman« schließlich ist die Mitte aus allen Songs. Warum diese Musik nicht eitel ist? Weil sie spürbar ganz und gar zum Ausdruck bringt, was die Band fühlt und gut findet. Hier muss niemand überzeugt werden. Der Jazz-Einsteiger wird an die Hand genommen, der Connaisseur an Stellen berührt, die er so dringend an sich verleugnen wollte.
Kokoroko