Review

Klara Lewis

Ingrid

Editions Mego • 2020

Klara Lewis macht unbequeme Musik und das schon seit geraumer Weile. Seitdem sie im Jahr 2012 debütierte, hat die Schwedin eine EP auf Peder Mannerfelts Label vorgelegt und zwei Alben sowie ein Kollaborations mit Simon Fisher Turner auf Editions Mego veröffentlicht. Dort erscheint auch »Ingrid«, ein Album, das sich kaum so nennen darf, nicht einmal als Mini-LP oder EP korrekt bezeichnet wäre: »Ingrid« ist wenig mehr als eine zwanzigminütige Medition auf einen einzigen kurzen Loop, das absolute musikalische Mindestmaß. Das Stück beginnt fast kammermusikalisch mit einem Motiv für Solo-Cello, dessen auf- und abwiegenden Bewegungen sich unmerklich zu wiederholen beginnen. Immer mehr bildet sich um diese Töne eine Art nervöse Aura, ein Brummen und Flirren, das den heimeligen Tönen einen melancholischen Drift gibt. Der Sound schwillt an, während die Musik sich eigentlich nicht zu ändern scheinnt. Das Cello dreht unbeirrt seine Schleifen, bis nach gut elf, zwölf Minuten das Kratzen, Rauschen, der Noise übernimmt und gegen die 17-Minuten-Marke einen schallenden Höhepunkt erreicht, der an den frühen Drone Doom Metal von Earth erinnert: markerschütternder, aber sonderbar schöner Lärm. Dann? Ebbt das Ganze langsam ab und nach 20 Minuten ist der Spuk vorbei. Denn um solchen handelt es sich bei »Ingrid«: Spuk. Mit minimalsten Mitteln zeigt Lewis auf, wie das eigentlich Unlebendige an einer Aufnahme – das Hintergrundrauschen, der grit, der selbst den kleinsten Loops innewohnt – dessen volle Lebendigkeit ausmachen kann, wenn es nur aufgedreht wird. Wunderbar unbequem und vor allem gespenstisch gut klingt das Resultat.