Jegliche Erklärungsnot, der schüchternen Hochstapelung »99.9%« eine tiefe Bedeutung als Arbeitscredo einimpfen zu müssen bei Seite: Louis Kevin Celestin liefert als Kaytranada einen blauäugigen Sonnendach-Soundtrack, der insbesondere Blazer-Trägern gefällt, aber zu jeder Sekunde dem Rucksacknerd eine J Dilla-Träne in den Augenwinkel drückt. Das gelingt Kaytranada deshalb so unangestrengt, weil er mit dem mittlerweile siebten Studioalbum weiß, was er tut. Nur der Vollständigkeit halber muss das ursprünglich als EP gestartete Projekt unter dem Deckmantel der Albumstringenz laufen. Tatsächlich aber groovt sich Kaytranada spätestens ab dem Split-Song mit Anderson .Paak in die zusammenhangslosen Afterwork-Playlisten der Martini-Bars im Banken-Viertel. Die narrensichere Formel, Garanten für zufriedene Uptempo-Nummern zu versammeln geht dahingehend auf, weil sich zwischen unverbrauchten Independent-Stimmen auch mal ein Craig David in bester Laune empfiehlt. So vermisst man erst auf den zweiten Blick eine gewisse Grund-Narrative, die die Trackanordnung vor der Beliebigkeit gerettet hätte. Das ist allerdings noch nie die Aufgabe eines Producer-Albums gewesen und würde der Feierabendlaune wahrscheinlich schaden. Immerhin kann Vic Mensa dem fröhlichen Sitztanz erwartungsgemäß die Käsigkeit nehmen und den Aktenkofferträgern das ein oder andere Ugly Face entlocken. Wenn die warmen Synth-Flächen von triggernden Bassläufen überstrahlt werden, droht der 23-Jährige hier und da mit augenzwickerndem Kaytrap. Die Frage der Notwendigkeit eines Langspielers von Kaytranada bleibt dabei offen. Sie sei aber ausdrücklich gestellt.
KaytrAminé (Aminé And Kaytranada)
KaytrAminé
Venice Music