Eine Rap-LP als erster massiver Pfeiler eines transmedialen Projekts: Kate Tempests zweiter musikalischer Output auf Albumlänge, »Everybody Down«, ist eine zwölf Tracks lange Short Story-Sammlung, der sie eine Buchveröffentlichung folgen lassen will. Anhand einer Protagonistin namens Becky, die sich durch die Abgründe South Londons hangelt, verdichtet die junge Britin Alltagsbeobachtungen und Sprachgeschick zu nachdenklichen, sozialkritischen Kleinodien. Rapmäßig bewegt sie sich dabei in etwa jener scharfsinnigen und spitzzüngigen Linie von Landsleute wie Mike Sinner, Roots Manuva, Skinnyman und Blade – bei letzterem müsste man wohl nur die Representerhaltung und die Battle-Mentalität extrahieren; die hat sie jeweils wohl auf den Poetry Slam-Bühnen ihrer Heimat abgelegt. Nachdem sie sich dort einen Namen machen konnte, heimste sie hochkulturelle Hochachtung für ein Spoken-Word-Bühnenstück ein. Nun veröffentlicht sie auf Big Dada und macht Chuck D sprachlos. In der Tat stehen ihre Fähigkeiten zum Story Rhyming z.B. einer Jean Grae in nichts nach – und da Frauen am Mic nach wie vor eine Rarität darstellen, bekommt ein Talent wie die gute Miss Tempest für diesen Longplayer einen namhaften Produzenten an die Seite: Daniel Carey aka Mr Dan, der auf Arbeiten für Hot Chip, M.I.A., Emilíana Torrini, Kylie Minogue, Franz Ferdinand, Santigold und und und verweisen kann. Dem Zufall wurde also nichts überlassen, und das Ergebnis überzeugt: Die Produktionen sind von hypnotischer Monotonie und der düsteren Kühle des New Wave geprägt. Dabei stehen sie weder einem Pop-Appeal noch Kate Tempests kraftvollem Cockney-Akzent im Weg. Vielleicht sollte man das Album Mike Leigh als Drehbuch vorlegen?
Everybody Down