Review

Kassel Jaeger

Toxic Cosmopolitanism

Editions Mego • 2014

Hinter dem Namen Kassel Jaeger verbirgt sich der Schweizer François Bonnet, und der Ausdruck »verbirgt« ist hier ganz bewusst gewählt. François Bonnet, ansässig bei der GRM in Paris, ist maßgeblich beteiligt an der Produktion der Recollection GRM-Reihe von Editions Mego bei dem er sich schon einmal vor zwei Jahren mit einem Soloalbum eingetragen hat. Seine Musik entspricht allerdings nicht dem landläufigen Bild akusmatischer Klangzauberei. Die dieser Platte zugrundeliegende Fragestellung rührt aber durchaus am Fundament der Musique Concrète: Ist es ein kreativer oder ein destruktiver Vorgang, Instrumente ganz spezifischer Musikkulturen einzusetzen (Balafon, tibetanische Gongs, Panflöten, Gnbri (eine marokkanische Laute) etc.), ihnen dabei mittels klangtechnischer Verfahren jedoch ihre kulturellen Bezüge zu nehmen? François Bonnet beantwortet die Frage ganz als Künstler, mit einer Musik, die so geheimnisvoll wie erdgebunden wirkt. Sowohl das lange Titelstück wie auch die vier kürzeren (und fokussierteren) Klangtexturstudien entführen in weichgezeichnete Traumszenen unbekannter und ferner, verhalten belebter, atmender Landschaften: mal inwendig klagend in rauem Wetter, mal in frohem, subtropischen Schimmer rollen sie über einen hinweg wie Naturphänomene, wie Gezeiten und Wind, immer sanft. Indem er vom musikantischen Spiel abstrahiert, das Pendel aber auch nicht weit ins Reich kristalliner Brechungen oder granularen Plätscherns schwingen lässt, indem er die Klänge an sich heraushebt, in kaum merkliche Melodien gefasst, entlockt er den ihnen innewohnenden Zauber jenseits kultureller Verortungen.