Review

Kangding Ray

The Pentaki Slopes

Raster-Noton • 2013

Die Pentaki Slopes sind ein verflixtes Ding. Besteigt man sie vom Norden her, führt ein rauer und anstrengender Pfad weit hinauf. Dumpfes Wolkengrollen umschlägt eine immer dünner werdende Atmosphäre, die kühl und lebensfeindlich in den Schläfen puckert – Minimalismus aus Eis, Fels und Sternennähe. Am Punkt dessen, was einem Gipfel gleich kommen würde (gäbe es einen), wartet ein Plateau. Es ist der singuläre Ort der Wahrheit, so meinen zumindest religiöse Anführer, CEOs und Gurus. Kangding Ray hat sie alle befragt. Doch Wahrheit war selten glänzend. Gegen seine Einsamkeit wimmelte der Nordhang vor Leben. Geisterstimmen überlagern diesen Unort, verwirren einen bei den unsicheren Schritten über zersplitterte Gestalten. Und ehe man sich versieht, klafft unter den Füßen bereits der Abgrund (um genau zu sein, nach drei Minuten und neun Sekunden; welch kurze Freude für Gipfelstürmer). Wo man den Südhang vermuten würde, eröffnet sich das Nichts des Vergessens. Im Übrigen erreicht man den Südhang ausschließlich vom Fuße der Pentaki Slopes aus. Es ist ein endloser, sanfter Anstieg, der hinauf zeigt, aber in die Tiefen geleitet. Wie in Trance folgen wir unaufgefordert und lächelnd. Den Gipfel erreicht damit keiner. Dennoch ist er der Lieblingsort der meisten. Denn wen interessiert schon die Wahrheit, wenn es Träume gibt?