Die Provo-Promo im Vorfeld von »Hurra die Welt geht unter« schlug bereits hohe Wellen: das bekannte Pimmel-Logo wurde mit AK-47 und Illuminaten-Pyramide gepimpt, erst »Das Kannibalenlied« in feinster Riefenstahl-Optik und dann hyperventiliert Die Welt, dass das Video zur ersten Single »Boom Boom Boom« ein Aufruf zum Terrorismus sei. All das spielt Nico, Tarek, Maxim und DJ Craft natürlich in die Hände, die sich mit dem fünften Album noch martialischer ihren Platz zwischen Schulhof und Feuilleton erkämpfen. Dementsprechend hat sich der Fokus der Texte verändert: kein plumper Sexismus mehr, weniger Krakehlen und Beschimpfungen, stattdessen viel Gesellschafts- als auch Kapitalismuskritik und sogar auch nachdenkliche, persönliche Themen. Dass sie dabei alles von falschen Göttern über den Geld-Komplex bis hin zu überfüllten Flüchtlingsbooten ansprechen, kann ihnen nicht hoch genug angerechnet werden. Gesellschaftlich relevante Texte in deutschsprachiger Musik sind ja (abgesehen von Die Goldenen Zitronen und wenigen Hip Hop-Acts) leider absolute Mangelware. So oft wie hier ist einem zumindest selten das Lachen im Hals stecken geblieben. Denn witzig sind die Texte natürlich nach wie vor – wenn das Jetzt nur nicht so scheiße widersprüchlich wäre. Dabei scheinen den Kannibalen in Zivil Strategie, Konzept und Image schon immer wichtiger als musikalische Meisterwerke zu sein. So tönen die Instrumentals auch hier selten richtig spannend, die Beats kommen teilweise recht oldschool daher, vom Eurodance der Vengaboys bis zum abschließenden Pop-Moment des Titelstücks sollte trotzdem für jede(n) was dabei sein. Ein wichtiges, ja beinahe reifes Werk der Ausnahmeerscheinung im deutschen Rap; die Apokalypse kann kommen!
K.I.Z.
Urlaub fürs Gehirn
Universal