Review

Joy Orbison

Still Slipping Vol.1

XL Recordings • 2021

Über zehn Jahre ist es her, dass Peter O’Grady als Joy Orbison eins der großen letzten Versprechen der britischen elektronischen Musik veröffentlichte: »Hyph Mngo«. (Für das andere Versprechen bitte bei Burial nachfragen.) Dubstep, House und Garage mischten sich da zu einer Single, die es auf jede Jahresbestenliste schaffte. Und es war einer dieser Tracks, die selbst außerhalb des Genres für Aufregung sorgen. Was dann wieder zu Verwirrungen führte. Denn es folgte: kein Album. Bis heute. Obwohl es ja trotzdem für manche Menschen noch eine anerkannte Darstellungsform der Kunst ist. Mit »Still Slipping Vol.1« erscheint nun immerhin ein erstes Mixtape, wie es in der Pressemitteilung vorweg heißt. Wobei niemand sagen kann, was nun der Unterschied zu einem Album ist. Dürfte auch egal sein, schlussendlich gibt es vierzehn neue Tracks von Joy Orbison, die sich mal wie »Froth Sipping« entspannt an einem Beat abarbeiten oder wie sich »In Drink« hypnotischer im Rhythmus versenken. Im großartigen »Born Slipping« lässt Sängerin TYSON ein paar Worte da, aber ansonsten fühlt sich selbst bei den anderen Features diese Platte wie ein instrumentales Dämmern an. Beats als Zustandsbeschreibung. Mit allen wichtigen Redukten der britischen Clubmusik der letzten Jahre. Es gibt keine Katharsis, keine Höhepunkte. Stattdessen hat O’Grady an mehreren Stellen Sprachnachrichten seiner Familie eingebaut, die der Atmosphäre eine emotionale Tiefe geben. Trotzdem fühlt sich »Still Slipping Vol.1« oftmals eher eingeengt an. Ein Track wie »Better« könnte viel mehr aus der Wiederholung ausbrechen und wäre ohne Probleme mehrheitsfähiger Hit. So bleibt es ein anderer karger, kleiner, doch großartiger Track auf dieser Platte. Sein Versprechen von damals löst Peter O’Grady mit »Still Slipping Vol.1« definitiv nicht ein – sondern liefert etwas weit Spannenderes.