Man möchte sich diese Musik von John Beltran als zart geschwungenes Gefäß auf den Kaminsims stellen. Das mal nur als Bild formuliert, denn in Wahrheit besitze ich weder Kamin noch Sims. Und selbst wenn ich beides hätte, würde ich da wohl kein Gefäß hinstellen. Schon eben erst Recht kein zart geschwungenes. In diesen Zeilen liegt eben das Wesen und das Dilemma des »Ambient« des Detroiters. Über die Musik von John Beltran zu schreiben, heißt über »Schönheit« zu schreiben. Allerdings über »Schönheit« in so einem Kant’schen Sinne als »interesseloses Wohlgefallen«, als an der Antike genährte ästhetische Formvollendung oder zumindest theologisch, als eschatologische Hoffnung, als eine Art Vorwegnahme des Reiches Gottes schon hier und heute. Diese Betrachtungsweisen unterscheiden Ambient Works, trotz der Ähnlichkeiten im Titel, von Aphex Twins Selected Ambient Works 85-92. Zwar erinnert so manch ein Klang an Richard D. James’ Sound von damals, den der Rolling Stone einst als »majestic« bezeichnete. Und auch ist beiden Werken ein Verständnis von »Ambient« als eine elektronische Musik zum Zuhören eigen, die nicht per se für den Dancefloor gemacht und dennoch nicht durch bloßen Verzicht gekennzeichnet ist. Doch, wo das Melodische und Klangschöne bei John Beltran oftmals nur zu genau von der Misslichkeit weiß, allzu leicht in eine höhere Form von Hintergrundmusik kippen zu können, hat Aphex Twin diese durch weitreichende Radikalität umschifft. Das gelingt den 16 Tracks aus 8 zwischen 1995 und 2011 entstandenen Alben von John Beltran nur selten. Bei Brilliant Flood zum Beispiel. Mir ist das in summa zu oft zu schön.
Ambient Selections