Review

Jessy Lanza

Pull My Hair Back

Hyperdub • 2013

Jeder kennt sie, nicht jeder entlarvt sie: Das schöne Mädchen auf der Tanzfläche. Hat sich saugut angezogen, gerade die richtige Menge Make-Up aufgetragen und tanzt – locker genug, um nicht gewollt zu wirken und gut genug, um attraktiv zu sein. Alles Schein! Das ist alles so durchgeplant, so gar nicht impulsiv. Die Oberfläche glänzt und dahinter wird‘s dann schnell langweilig. Jessy Lanzas Debüt-Album »Pull My Hair Back« erinnert mich schwer an dieses Mädchen. Junior Boy Jeremy Greenspan hat für Lanza ein Album produziert, das unverschämt stilsicher alles zusammen mischt, was Indie-R&B/Pop und Post-Bass-Hyperdub-Electronic aktuell zu bieten hat. Der Sound ist so sauber, man könnte sich damit die Hände waschen. Rhythmusgefühl und Groove besitzen die Sicherheit einer Choreografie. Darüber betört Jessy Lanza mit ihrer Mädchenstimme den Bass, der ihr gefügig hinterher rollt; Snaps, Claps und Synths tänzeln um sie herum. Hier rückt sich nichts auf die Pelle. Dabei entstehen zwar durchaus Songs (»5785021«), die alles übertreffen, was weiblicher Pop auf Brit-Electronic (Maya Jane Cole zum Beispiel) dieses Jahr zu bieten hatte, im großen und ganzen aber erstickt der Drive im Verdacht, dass dieses Album am Reißbrett geplant wurde. Aber: sexy ist »Pull My Hair Back« trotzdem. Stellenweiße klingt das so, als hätte Jessie Ware meinen Wunsch wahr gemacht und ein komplettes Album mit Julio Bashmore aufgenommen. Die Devise kann also nur sein: Sich an der Oberfläche ergötzen und tiefergreifende Bereicherung woanders suchen.