Das Verhältnis von Landschaft, pompös gesprochen: Topografie, und Musik könnte man auch einmal genauer untersuchen. Während die einen ihre Kompositionen nach bestimmten Orten oder Regionen benennen (Felix Mendelssohn-Bartholdy, »Die Hebriden«, Bedřich Smetana, »Die Moldau«, Gerry and the Peacemakers, »Ferry Cross the Mersey« u.a.), gehen die anderen einfach mit dem Mikrofon irgendwohin und machen dort ihre Field Recordings (Chris Watson, Janek Schaefer, Annea Lockwood u.a.). Die »Soundscapes«, wie sie der kanadische Komponist R. Murray Schafer nannte, die akustische Identität eines Orts, wird im letzteren Fall das beherrschende, wenn nicht alleinige Material der Musik. Für ihr gemeinsames Debütalbum »Recordings from the Åland Islands«, zu dem sich der Modularsynthesizer-Fachmann Jeremiah Chiu und die Bratschistin Marta Sofia Honer von einer Reise zur finnischen Inselgruppe Åland inspirieren ließen, wählten sie eine gemischte Vorgehensweise. Aufnahmen von den Inseln oder von den unerlässlichen Fährfahrten auf dem Weg von einem Eiland zum nächsten mischen sich mit unverschämt charmanten Syntesizerbrandungen, Akkordwiesen und Bratschenwolkenstreifen. Die »handgemachte« Musik verhält sich dabei zwar nicht direkt mimetisch zur Umgebung, sie strömt aber durchweg auf einer harmonischen Welle mit ihr, hat sich auf die Landschaft bestens eingeschwungen. Das ist jetzt kein völlig unerhörter Ansatz, ähnliche Hybridformen gibt es ja schon eine ganze Weile, doch Jeremiah Chiu und Marta Sofia Honer machen mit einer so ausgeschlafenen Sicherheit alles richtig, ohne routiniert daherzukommen, dass ihre »Recordings« auf sehr höfliche Art euphorisieren.
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