Wozu braucht man noch mal Platten mit Naturaufnahmen? Genauer: Wozu braucht man eine Platte voll mit Vogelstimmen? Reicht das nicht, wenn die draußen in den Bäumen zwitschern, im Park, oder wo einem diese Ex-Saurier sonst noch über den Weg laufen? Bei den »Birds Of Venezuela«, die der französische Ornithologe Jean-Claude Roché der nicht-venezolanischen Öffentlichkeit erstmals 1973 vorstellte, beantwortet sich die Frage beim Anhören. Anders als sein französischer Kollege Olivier Messiaen, der ebenfalls rund um die Welt Vogelstimmen mit seinem Tonband jagte, diese dann aber als Material für eigene Kompositionen nutzte, hat Roché zwar nichts weiter getan, als mit dem Mikrofon die Gesänge von Vögeln aufzuzeichnen und die Resultate zu einem Album zurechtzuschneiden. Doch was man da zu hören bekommt, ist nicht bloß von entwaffnender Schönheit – man könnte das praktisch rund um die Uhr spielen –, sondern hat zum Teil auch sehr wenig mit dem vertrauten Gepiepe hiesiger fliegender Artgenossen zu tun. Bei manchen dieser Stimmen meint man, Jean C. Roché habe elektronisch nachgeholfen, um Blubbereffekte, perkussive Klänge oder befremdlich menschenähnliche Laute zu erzeugen. Letztere stammen jedoch nicht aus dem Synthesizer, sondern vom Urutau-Tagschläfer, der vorn auf dem Cover zu bewundern ist. Wenn man jetzt nicht gerade eine Vogelphobie hat, gibt es eigentlich keinen Grund, sich davon nicht begeistern zu lassen.
Birds Of Venezuela