Zugegeben: Schon Mouse On Mars können anstrengen. Und Jan St. Werner die eine Hälfte des kauzigen, multimedial arbeitenden und Genre ignorierenden Duos, erst recht. Wo sein mit Andi Toma betriebenes Projekt Mouse On Mars aller konzeptuellen Ideen zum Trotz noch die körperlichen Effekte der Clubmusik anpeilt, richtet sich die Musik des Kölners vor allem an den Verstand. Nicht frontal und kommunikativ, sondern immer durchs Hintertürchen natürlich und mit der Absicht versehen, für etwas oder gar sehr viel Verwirrung zu sorgen. Auf seinen letzten Veröffentlichungen erforschte er die Möglichkeiten algorithmischen Chaotik, sein »Miscontinuum Album« auf dem Stammlabel Thrill Jockey jedoch orientiert sich an einer – naja, es ist ja alles relativ – strafferen Struktur. Aus einer Live-Performance erwachsen, handelt es sich bei dem Hörspiel-Album-Hybrid um eine Art »elektroakustische Goth Oper«, wie Jan St. Werner selbst zu Protokoll gibt. Anstatt der sprichwörtlichen dicken Frau ist aber das knarzige Organ von Earth-Mastermind Dylan Carlson zu hören, der nicht etwa über inzestuöse Götterwelten oder Stierkampfromanzen lamentiert, sondern das merkwürdige Verhältnis von Zeit und Erinnerung durchdekliniert. Was eben dabei rumkommt, wenn Markus Popp alias Oval das Libretto schreibt. Mithilfe von Time Stretching und anderen gewitzten Kniffen setzt Jan St. Werner den theoretischen Überbau auf eine frei schwebende musikalische Basis. Über gut zwei Stunden (!) entfaltet er mithilfe noch anderer illustrer Gäste ein kafkaeskes Narrativ, das seinem Konzept entsprechend (oder aber: zum Trotz) viele erinnerungswürdige Passagen durchläuft. Denn, zugegeben: Anstrengen kann Jan St. Werner zwar, doch ist er dabei charmant und einnehmend wie sonst kaum jemand.
Miscontinuum