Das britische Soul-Orakel hat mal wieder gesprochen und verspricht uns für die nahe Zukunft einmal mehr Retrospektive. Als ausgewiesener Prince-Fan und mehr als passables Performance-Double war es wohl nur eine Frage der Zeit, bis Herr Lidell sich mal in Langspielplattenlänge mit den 1980er Jahren beschäftigen würde. Auch wenn damals modisch alles erlaubt war, reicht es heute bei weitem nicht mehr aus, einfach nur sein verstaubtes Casio hervorzukramen und mit ein paar Low-Fi Midi-Beats im Gepäck zu glauben einfach so davonzukommen. Zugegebenermassen hat das jedoch weder jemand von ihm erwartet, noch hätte er sich damit wohl zufrieden gegeben. Chamäleongleich hat er sich in das Epizentrum dieses mitunter erschütternd simpel gestrickten Musikphänomens begeben, dass synchron mit Altkanzler Kohl so richtig ins Rollen kam und fortan viel zu lange unseren Alltag bestimmt hat, um aus der musikalischen Eintönigkeit dieser Dekade mehr Farbenpracht herauszuholen, als wohl so manch einer in ihr vermutet hätte. Und zwar gleich so viel, dass selbst sein kreolisches Vorbild aus Minneapolis nehmen ihm blass erscheint. Endlich mal begnügt sich jemand nicht mit der reduzierten Klangwiedergabe eines Telefonhörers, sondern fährt die volle heutzutage verfügbare Bandbreite auf, und bringt von den Tiefen des Parkhauses bis hin in die Höhen der Chefetage den Block zum beben. Also Leute, haltet eure Lederkrawatten und Neonstrickpullis bereit; wenn dieser britische Verwandlungskünstler das nächste Mal in eure Stadt kommt, dann gibt‘s nicht nur Cola-Asbach bis zum Abwinken. Diesmal schmeckt das Zeug sogar.
Jamie Lidell