»Ein versteckte Realität« hinter der uns bekannten: Das es eine solche gibt, dass meint der der polnische Musiker Jacaszek zu spüren. Mit seiner Musik will er mit dieser Welt in Berührung kommen, alle Sinne von deren Existenz überzeugen – den Hörer natürlich gleich mit. Aber bleiben wir doch erstmal in unserer Welt; mit welchen Mitteln versucht Jacaszek in andere Sphären durchzudringen? Grob könnte man sagen, vereint er – emotional aufgeladen – barocke Kammermusik mit zeitgenössischem Ambient. Der raumbildende Ambient-Klang saugt den Hörer sanft weg vom Terminkalender, verwäscht seinen Blick, bis selbst die Zahlen der Digitaluhr nicht mehr lesbar werden – es entsteht eine benebelte Zeitlosigkeit. Diese wäre grau und geruchlos, niederdrückend und beschwerend, wenn nicht die klassischen Instrumente ihren Glanz über die Tracks versprühen würden. Cembalo, Holzblasinstrumente und Streicher scheinen beliebig über die Songs zu sprenkeln und die Fliesen eines kargen Bodens mit ihren glitzernden Tropfen zum Scheinen zu bringen. Erst nach mehrmaligem Hören erkennt man, dass das alles natürlich nicht beliebig ist. Die Aufgabe der Instrumente ist es, ein zerbrechliches Gleichgewicht zu wahren: das Gleichgewicht zwischen betäubender Melancholie und kristallklarer Schönheit. Das gelingt nicht ganz, das Schwere überwiegt. Glimmer aber trägt einen tatsächlich davon – und nur darum geht es hier. Die Welt in die der Hörer triftet wechselt übergangslos seine Gestalt: zwischen der hörbaren Stille eines vernebelten Waldes und der Eleganz einer von Morgentau gezeichneten Wiese.
Glimmer