Im gemeinen Musikverständnis des deutschen Hörers gibt es eine Reihe geschmähter Instrumente. Die Triangel gehört etwa dazu, belächelt als Werkzeug der Minderbegabten jedes Orchesters. Ebenfalls keinen besonders guten Ruf genießt die Bambusflöte, nicht zu verwechseln mit ihrer nervigeren und zurecht ungeliebten Schwester: der Panflöte. Die Bambusflöte gehört oftmals zur klassischen Instrumentierung japanischer Musik, daher eben vor allem aus der Weltmusik für viele Hörer bekannt. Allerdings sprengte der japanische Komponist Hōzan Yamamoto diese Nummer bereits 1971, als er mit seinem Album »Beautiful Bamboo-Flute« und der Band Sharps & Flats den Sound des Instruments in den Kontext von Big Band, Jazz und Soul übertrug. Spleenige Plattensammler fragten bereits seit geraumer Zeit nach einer Reissue dieser Platte, das vom britischen Label Mr Bongo nun erledigt wird. Tatsächlich braucht es ein paar Durchläufe von »Beautiful Bamboo-Flute«, um in diesen Sound reinzukommen, um die Verbindung aus Groove der Big Band und der Melodie der Bambusflöte wirklich nachzuvollziehen. Tracks wie »Tairyo Utaikomi« können im ersten Moment überfordern, weil einfach sehr viel in sehr kurzer Zeit passiert, allerdings nicht wie bei Free Jazz oder Avantgarde, sondern in bekannten kompositorischen Schemata aus dieser Zeit. Dazu gibt es Stücke wie »Sado Okesa«, in denen die Sharps & Flats breit aufspielen, bevor die Bambusflöte dann fast allein den Raum einnimmt. All das klingt auf seine ganz eigene Art neu und nostalgisch gleichermaßen. Und sorgt nach kurzer Anlaufzeit für bisher komplett unbekannte Eindrücke. Hozan Yamamoto bemühte sich zu Lebzeiten stets darum, sein Spiel mit der Bambusflöte zu erweitern, Grenzen zu verwischen. Dieses Album ist nicht nur Zeugnis davon – es darf auch als erfolgreiches Teilziel verstanden sein. Und zeigt die Bambusflöte als vielseitiges Instrument. Im Gegensatz zur Triangel.
Beautiful Bamboo-Flute