Laptopmusik ist nicht mehr. Nachdem die halbe Menschheit dazu übergegangen ist, den Großteil ihrer Streicheleinheiten dem eigenen Smartphone zukommen zu lassen, scheint jetzt – wie als Gegenreaktion – endgültig das Zeitalter der neuen Haptiker gekommen, junge Musiker, die statt Software wieder Hardware bedienen. Die Hamburger Produzentin Helena Hauff ist eine von ihnen, arbeitet bevorzugt mit analogen Klassikern wie der TB-303 und der TR-808 aus dem Hause Roland. Auf denen sie live improvisiert, statt am Rechner zu programmieren. Und sich dabei an der Geschichte der Clubmusik abarbeitet. Auf ihrem Debütalbum orientiert sie sich an alten Detroiter Helden wie Drexciya deren Alben ebenfalls bei Jams an ihren Geräten entstanden sein sollen. Auch stilistisch gibt es auf »Discreet Desires« deutliche Berührungspunkte zum einst anonymen Detroiter Duo: Über starrem Drumcomputer-Funk entfaltet sich ein Geflecht aus Synthesizer-Linien mit leicht extrovertierten Melodien, anderes weist stärker in Richtung EBM. Würde sie ihre Sache nicht mit so überzeugender Leidenschaft machen, könnte man das Ergebnis als bloße Genre-Übung abtun. Doch die spontane Energie tut Helena Hauffs Stücken einfach sehr gut, auch wenn sich vielleicht nicht jeder Einfall zur brillanten Track-Konstruktion auswachsen wollte. Aber das sind Kleinigkeiten. James Stinson wäre bestimmt stolz gewesen.
Discreet Desires