Auch wenn unterm Strich Hip Hop rausgekommen ist, schweift der französische Produzent Guts auf seinem aktuellen Longplayer von dem Pfad der drei Vorläufer teils stark ab. Instrumentals gibt es nur noch einige wenige. Dafür eine ganze Armada an namhaften Größen und verheissungsvollen Newcomern, die das Klangbild teils weit über die Genregrenzen hinaus bugsieren. Meist mit Sprechgesang, hier und da mit Gesungenem, durchweg aber mit Ansprechendem für Leute, die sich in der Diaspora des Hip Hop der 1990er wohlfühlten. Guts versteht seinen Hip Hop nämlich durch dessen Werdegang vom Kultobjekt zum Kulturgut. Jenseits also von dem Phänomen der Zurschaustellung prankzahmer Vollweibchen und ihrer schnaubenden Herrchen. Sample-basierend und fast durchweg mit Instrumenten angereichert, hat er ein Hip Hop Album geschaffen, das stereountypisch Weitsicht beweist. Und in dem ebenso stilvoll Pop, Boogie oder auch Soul Platz haben. Lorine Chia umschmeichelt in Open Wide mit der Art von Chill Out, mit der Dido einst Eminem’s kratzbürstige Verse Chart-konform striegelte. Leron Thomastrommelt mit seinen Tremolos die älteren Semester auf der Tanzfläche zusammen, auch wenn die Produktion von Roses so dünn wie kompositorisch seicht ist. Man Funk bietet dann aber mit dem zuvor vermissten Tiefgang auf. Und Patrice und Cody Chesnutt tun ihren Teil dazu, indem Sie die übrigen, mal düster schleppenden, mal druckvoll treibenden Boom Bap und Beat Cuts austarieren, und dem Album die interdisziplinäre Klasse verleihen, die es mitbringt.
Hip Hop After All