Der brasilianische Schauspieler und Musiker Guilherme Lamounier nahm in den 1970er Jahren drei Alben auf – alle selbstbetitelt. Abgesehen von zwei Singles in den frühen Achtzigern hörte man danach allerdings bis zu seinem Tod 2018 nichts mehr von ihm. Doch diese drei Alben gehören bis heute zu den Meisterwerken des brasilianischen Psychedelic-Folk. Sein zweites, natürlich längst zur Rarität gewordenes Werk, das 1973 zusammen mit dem Komponisten Tibério Gaspar entstand und in den Rádio Gazeta Studios in São Paulo eingespielt wurde, kann nun endlich wiederentdeckt werden – und das lohnt sich. Gleichermaßen beeinflusst von der US-amerikanischen Hippie-Gegenkultur wie vom reichen musikalischen Erbe seiner Heimat vereinen diese zehn Songs alles, was man mit dieser Zeit und den damals angesagten Musikgenres verbindet: Liebeslieder für angebetete Frauen mit sanften Flöten und 12-String-Gitarren (»Mini Neila«, »Patrícia«), unbedingter Freiheitsdrang mit fetten Bläsersätzen (»Freedom«), Klavierballaden mit opulenten Streichern und ausufernden Gitarrensoli (»Passam Anos, Passam Anas«), mehrstimmiger Gesang, auch mal etwas rauere Passagen und sogar Synthie-Spielereien finden sich in den knapp 40 Minuten. Für den geneigten Retro-Fan, der oder die sich einfach in eine optimistischere Zeit zurückträumen will, sollten hier wirklich keine Wünsche offenbleiben.
Guilherme Lamounier