Seine Neubearbeitung von der Jazzer von Philipp Gropper’s Philm. »Re: Phgrp«, aus dem letzten Jahr, hat mir Jazz von einer so unerhörten Seite präsentiert, dass ich mich heute noch in den Arsch beißen könnte, dass wir das nicht in unserer Jahresbestenliste unterbekommen haben. Wahrscheinlich lag es auch einfach nur daran, dass das Ding nicht auf Vinyl erschienen ist, weshalb ich hiermit dazu aufrufen möchte, das unbedingt nachzuholen. Nun gibt es also ein neues Album von Grischa Lichtenberger. kamilhan; il y a péril en la demeure zeigt abermals, das es kaum einen zweiten gibt, der die Balance zwischen kompliziert und einfach so spielend zu meistern in der Lage ist. Zunächst ist alles bei Grischa Lichtenberger ein Rätsel. Für deren Lösung besteht zunächst einmal die Gefahr der Verzögerung (oder wie wir Franzosen sagen: il y a péril en la demeure). Seine Titel heißen wie alte Schreibmaschinenmodelle, wie Droiden auf Mandalore, wie Arzneimittelwirkstoffe, wie Karteikarten von Niklas Luhmann. Sie geben keinen Hinweis auf den tatsächlichen Inhalt. Nicht allein deshalb fällt einem beim Hören von Grischa Lichtenberger zuerst Autechre ein. Denn für mich sind Autechre ja nichts weiter als verkopfte Beatmaker, weshalb die Musik von ihnen auch besser Head-Hop heißen sollte. Dasselbe gilt scheinbar für Grischa Lichtenberger, zumindest auf dieser Platte. Hört doch selbst: »v carg 1br« lässt kaum einen Zweifel, der soulfulste Hip-Hop zu sein, der jemals in Bielefeld entstanden ist; »syn resr« ist feinster G-Funk; »oev 1 sp 3 re« ist auf verrosteten, mechanischen Webmaschinen gespielter Boom bap. Er kann aber auch wie in »roma 1d« einen auf Ben Frost machten. Die Verschleierung bei Lichtenberger besteht also darin, sich am Ende nicht festzulegen, Erwartungen zu unterwandern. Bei Autechre besteht die Verschleierung darin, dass sie konsequent Hip-Hop machen, der niemals wie Hip-Hop klingt. Sie lüften niemals den Schleier. Grischenberger hingegen andauernd und legt damit falsche Fährten. Zurück zu kamilhan; il y a péril en la demeure: Die erste Hälfte ist besser als die sehr gute zweite.
Kamilhan, Il Y A Peril En La Demeure