Trotz Releases auf Sandwell District, Opal Tapes und Semantica konnte sich Yves de Mey bisher nicht wirklich als Solo-Künstler durchsetzen. Seine Kollaboration mit ungleich produktiveren und bekannteren Peter van Hoesen unter dem Namen Sendai hingegen fuhr erst dieses Jahr anlässlich des zweiten Albums »A Smaller Divide« einige Achtungserfolge ein. Mit Grey Branches legt sich de Mey ein neues Pseudonym zu, unter dem er einen ähnlichen Kurs fährt wie er ihn gemeinsam mit van Hoesen verfolgt: Clubtracks werden vor den Ohren ihrer Hörerschaft gründlich zerlegt. Anders als mit Sendai oder unter seinem Klarnamen gibt de Mey jedoch auf »Lower Bounds« schon keinen Deut auf Funktionalität, sondern konzentriert sich darauf, eine Vielzahl von Ideen zusammen zu kitten. »Exsolve« lässt eine zackige Synthie-Figur durch den Raum rennen, im Titeltrack kreisen rhythmische Figuren auf ein enttäuschendes Finale hin, »Binate« lässt Modular-Sounds über einen vergleichsweise straighten Beat zappeln und »Plangent« spült alles mit weißem Rauschen herunter. Struktur ist auf »Lower Bounds« Nebensache oder höchstens happy accident, die Entwicklungen von Einzelklängen und ihr gemeinsames Zusammenspiel stehen im Vordergrund. Schade nur, dass de Mey sein Konzept mit an Hermetismus grenzender Selbstverlorenheit durchzieht. Die Aha-Effekte dieser Miniaturexperimente dürften nur ihm vorbehalten sein.
Lower Bounds EP