Erst die Entfremdung, dann die Trennung, bis man nicht viel mehr ist als Somebody That I Used To Know. Im Leben des Australo-Belgiers Wouter De Backer hat es leider viele solcher Momente gegeben. Nicht alle waren sie gleich schmerzhaft, aber in der Summe haben sie ihn zu seinem bis dato größten Hit verholfen, der, ohne fremde Hilfe in einer Scheune aufgenommen, dieser Tage um die Welt zieht und aus jedem Radio schallt. Dabei ist es nicht nur die Pop und Worldmusic-Community die das Thema für sich entdeckt hat. Längst zählt man Gotye irgendwie zum aktuellen Mainstream. Selbst hartgesottene Rocker flüstern heimlich-bewundernd auf der Toilette darüber und erkennen Charme und Eingängigkeit des Stücks an und auch Kimbra, seine neuseeländische Gesangspartnerin bei diesem Duett hat nichts als pure Bewunderung für de Backer übrig. Dabei erschien Gotye gar nicht so plötzlich auf internationaler Bühne wie viele geglaubt haben, denn Making Mirrors ist bereits sein drittes Album und dessen Vorgänger wurden durchweg gut aufgenommen und bereits mit ersten Awards ausgezeichnet. Zugegeben, der Großteil des Trubels beschränkte sich dabei allerdings auf seine Wahlheimat Australien. Wenn Gotye mit seinen ersten beiden Alben Boardface (2003) und Like Drawing Blood (2006) seine Karriere Richtung Startbahn manövriert hat, ist dennoch nun endgültig der Zeitpunkt gekommen, abzuheben. Die Stewards und Stewardessen verteilen allerdings bereits gerade Hühnchen, Rind oder wahlweise Fisch, die »Ready for Take-off«-Phase wurde kurzer Hand übersprungen. Zu verdanken hat de Backer die sich nun einstellenden internationale Beachtung seiner einfühlsamen Vermischung aus Singer-Songwriter-Pop, oben genannten World-Einflüssen und stimmlichen Qualitäten, die sich am einfachsten mit einem Querschnitt aus Peter Gabriel, Cee-Lo Green und Jonny Borrell (früher Libertines, heute Razorlight) zu beschreiben sind und selbst in anfangs unspektakulär wirkenden Songs wie Somebody That I Used To Know allein eine tragende Rolle spielen können. Auf keinen Fall sollte man dem Kurzschluss erliegen, das Können des ausgewiesenen Multiinstrumentalisten auf dieses Stück zu reduzieren, denn auch Hoffnung versprühende Songs wie Feel Better, die losgelöst von depressiver Thematik in Gnarls Barkley-Manier über das Parkett rollen, machen einiges her. Easy Way Out und das von Saxophon, sanftem Reggae-Rhythmus und bis zur Unkenntlichkeit verzerrten Autotunen Gesangsfetzen getragene State Of The Art stehen diesem Vergnügen in nichts nach und machen Making Mirrors zu einem wahren Fest der Populärmusik, mit dem jeder liebäugeln kann und sollte, heimlich oder auch nicht. Übrigens: Wer wie ich bis vor kurzem noch gerätselt hat wie Gotye denn jetzt eigentlich richtig ausgesprochen wird, hier des Rätsels Lösung: »Gaultier«.
Making Mirrors