Review

Gossamer

Automaton

Innovative Leisure • 2015

Wenn das mal kein abwechslungsreicher Lebenslauf ist: Evan Reiner studierte an der Berkeley School Of Music Geräuschemacherei für Film, sammelte Feldaufnahmen zwischen Japan und L.A. und lässt auch schon mal Patronenhülsen klimpern, wenn er Musik macht. Konzeptuell inspiriert sei er von Ai Weiwei und musikalisch von so Größen wie Jon Hassell stilistisch bewegt er sich zwischen musique concrète, vertikalem Hip Hop und den neueren esoterischer Synth- und Ambient-Entwürfen, die sich zwischen den USA und Japan aufspannen. Sein Debütalbum »Automaton« spannt sich an der Erkenntnis auf, dass es nicht dasselbe bedeutet, allein zu oder einsam zu sein. Das ist eine beeindruckende Menge an Informationen und Schlagworten, die neugierig macht – und doch will »Automaton« nicht zünden. Nicht, dass Reiners eklektische Stilmischung sich daran machen würde, Euphorie zu triggern – im Grunde sind seine Soundentwürfe intrinsisch, eher Innerlichkeits-Ambient als Bonoboische Lounge-Glücksseligkeit. Das Problem Gossamers – was sich übrigens nicht umsonst mit »Gespinst« übersetzen lässt – liegt vielmehr darin, dass es sich um genau das handelt: Entwürfe. Skizzen. Soundsnippets. Da rächt sich der imposante Lebenslauf vielleicht: Reiner ist ein toller Klangkünstler, aber er hat den inneren Produzenten noch nicht gefunden. »Automaton« schafft sonische Schnappschüsse, nicht aber ein kohärentes Gesamtbild. Vielseitigkeit bedeutet manchmal eben auch, dass keine Seite genügend Schokoladenüberzug abbekommt.